Entscheidungsstichwort (Thema)

Reise-Zeitungsanzeige als Prospekt

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Zeitungsanzeige für eine Reise unterliegt nur dann den Voraussetzungen des § 4 BGB-InfoVO, wenn sie unter den Begriff "Prospekt" zu subsumieren ist.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 01.07.2003; Aktenzeichen 33 O 2642/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I - 33 O 2642/03, vom 1.7.2003 aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Zulässigkeit einer von der Beklagten geschalteten Zeitungsanzeige.

Die Klägerin ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insb. zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie verlangt von der Beklagten Unterlassung hinsichtlich einer Zeitungsanzeige.

Bei der Beklagten handelt es sich um einen Reiseveranstalter. Mit der als Anlage K 5 vorgelegten Werbeanzeige hat die Beklagte in den Badischen Neuesten Nachrichten vom 17.11.2002 eine Italienreise beworben. Auf der linken Seite der Anzeige befindet sich der Hinweis auf eine Mindestteilnehmerzahl von 25 Personen. Einen Hinweis darauf, bis zu welchem Zeitpunkt die Reise wegen Nichterreichens dieser Mindestteilnehmerzahl abgesagt werden kann, enthält die Werbeanzeige nicht.

Mit Schreiben vom 22.11.2002 (Anlage K 6) hat die Klägerin einen bereits früher erhobenen Unterlassungsanspruch, nunmehr bezogen auf diese Anzeige, aufrechterhalten. Die Beklagte hat die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung abgelehnt.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie könne gem. §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG jeweils i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoVO einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Die Pflicht zur Angabe des Absagezeitpunkts bei Nichterreichen der Mindestteilnehmerzahl (§ 4 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoVO) gehöre zu den gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Mindestangaben. Ein Verstoß hiergegen sei eine Verletzung des § 1 und ebenso ein Verstoß gegen ein Verbrauchergesetz i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG.

Nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag könne die Klägerin einen Anspruch auf anteiligen Ersatz der mit der Abmahnung verbundenen Personal- und Sachkosten geltend machen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, Letztere zu vollziehen an ihren jeweiligen Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit der prospektmäßigen Bewerbung von Reisen eine für die Durchführung der Reise erforderliche Mindestteilnehmerzahl zu nennen, ohne dabei den Verbraucher zugleich darüber zu informieren, bis zu welchem Zeitpunkt vor dem vertraglich vorgesehenen Reisebeginn ihm die Absage der Reise wegen Nichterreichens der Mindestteilnehmerzahl spätestens zugegangen sein muss.

Darüber hinaus hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 175,06 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.2.2003 zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat in der ersten Instanz die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Darüber hinaus hat sie vorgetragen, die als Anlage K 5 vorgelegte Werbeanzeige unterliege nicht den Anforderungen des § 4 BGB-InfoVO, da sie aufgrund ihrer knappen Form und den minimalen Angaben nicht unter den Begriff "Prospekt" zu subsumieren sei. Allein aufgrund der Anzeige sei eine verbindliche Anmeldung nicht möglich. Vielmehr werde nach erfolgter Kontaktaufnahme und Vorbuchung jedem Interessenten ein Folder übersandt. Auch liege eine wirksame Unterlassungsaufforderung nicht vor, das Schreiben vom 22.11.2002 sei schon aus formalen Gründen unzureichend.

Wegen des weiteren Sachvortrags in der ersten Instanz und der Prozessgeschichte wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das LG München I hat der Klage mit Endurteil vom 1.7.2003 in vollem Umfang stattgegeben.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne ihren Anspruch auf §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoVO stützen. Durch die Nichtangabe des Absagezeitpunktes bei Nichterreichen der Mindestteilnehmerzahl habe die Beklagte gegen § 4 Abs. 1 Nr. 7 BGB-InfoVO, eine verbraucherschützende Norm i.S.d. § 2 UKlaG, verstoßen, da es sich bei der Werbeanzeige gemäß Anlage K 5 um einen "Prospekt" i.S.v. § 4 BGB-InfoVO handele. Es liege nicht lediglich eine Kurzannonce vor, sondern die immerhin eine halbe Zeitungsseite große Anzeige in den Badischen Neuesten Nachrichten enthalte alle wesentlic...

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