Normenkette
WoEigG § 10 Abs. 2 S. 3, § 16 Abs. 3; BGB §§ 611, 675
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 23.11.2012; Aktenzeichen 13 O 6164/11 Rae) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München II vom 23.11.2012 - 13 O 6164/11 Rae, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des LG München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls der Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten wegen einer nach ihrer Meinung unzutreffenden anwaltlichen Beratung in einer Wohnungseigentumssache Schadenersatzansprüche im Wege der Feststellungsklage geltend.
Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, er habe ihr nicht zur Anfechtung des Beschlusses der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft C.-Weg 2 in U. vom 11.9.2008 über die Erhöhung ihres Kostenanteils geraten, obwohl dieser Beschluss wegen fehlender Bestimmtheit, seiner Rückwirkung zum Jahresbeginn und der willkürlichen Ungleichbehandlung gegenüber anderen zu Wohnzwecken genutzten Hobbyräumen anfechtbar gewesen sei.
Hinsichtlich des streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz und des unstreitigen Sachverhalts nimmt der Senat gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug auf den Tatbestand des Urteils des LG München II vom 23.11.2012, mit dem dieses die Klage abgewiesen hat. Das LG hat einen Beratungsfehler des Beklagten verneint. Der Ratschlag des Beklagten, den Beschluss nach Abwägung der Umstände nicht anzufechten, sei ein der Interessenlage der Klägerin angemessener und sicherer Weg gewesen.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren im Wege der Berufung weiter.
Die Klägerin bringt vor, Aufgabe des Beklagten sei es gewesen, zu überprüfen, ob eine Anfechtung des Beschlusses vom 11.9.2008 hinreichend erfolgversprechend sei. Da der Beschluss für sie mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden gewesen sei, liege ein Beratungsfehler vor, wenn die Anfechtung Erfolg versprochen hätte.
Der Beschluss sei unzureichend bestimmt gewesen.
Da das LG München I in seinem Berufungsurteil vom 11.11.2010 im Verfahren - 36 S 4913/10 ausschließlich die Nichtigkeit des Beschlusses geprüft habe, sei dessen Beurteilung für die Prüfung der Anfechtbarkeit nicht verwertbar. Zudem habe das LG im Urteil vom 11.11.2010 eine Anfechtbarkeit sogar angedeutet.
Im Beschluss werde unklar und widersprüchlich geregelt, auf welche Kostenarten sich der geänderte Verteilungsschlüssel beziehe. Der Wortlaut nehme einerseits auf die "wirtschaftlichen Kosten nach den Vorschriften der Gemeinschaftsordnung unter Berücksichtigung der Vorschriften von III. der Gemeinschaftsordnung" Bezug, wozu auch die Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten gehörten. Zugleich werde jedoch geregelt, dass die Gemeinschaft diese Regelung "unter Anwendung der Vorschriften von § 16 Abs. 3 WEG (n.F.)" treffe, der ausschließlich zu einer Änderung des Anteils an laufenden Betriebskosten ermächtige. Ein Verweis auf § 16 Abs. 4 WEG fehle. Dies habe der Beklagte auch erkannt, wie sich aus Seite 5 seines Schreibens vom 25.9.2008 (Anlage K 5) ergebe.
Die Gefahr von Folgerechtsstreitigkeiten werde erhöht.
Eine weitere Unklarheit des Beschlusses liege darin, dass ihr Kostenanteil von 4,5/1000 auf 15/1000 erhöht wurde, ohne die Anteile der übrigen Eigentümer zu verringern. Eine Festsetzung auf 15/1.010,50 sei gerade nicht erfolgt.
Für die Auslegung eines Beschlusses sei im Interesse des Rechtsverkehrs allein dessen Wortlaut maßgeblich. Dieser müsse aus sich heraus verständlich sein. Die Ladung zur Eigentümerversammlung sei zur Auslegung nicht heranzuziehen. Letzteres ergebe sich auch aus § 24 Abs. 7 WEG, wonach der Verwalter eine Beschlusssammlung zu führen habe, in die ausschließlich der Wortlaut der in der Eigentümerversammlung verkündeten Beschlüsse aufzunehmen sei.
Ein nicht hinreichend klar bestimmter Eigentümerbeschluss sei jedenfalls anfechtbar. Eine Änderung des Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG binde auch den Sonderrechtsnachfolger. Wegen der fehlenden Bestimmtheit des Beschlusses hätte der Beklagte zur Anfechtung raten müssen.
Der Beschluss habe eine unzulässige Rückwirkung enthalten.
Das Problem der Rückwirkung des Beschlusses zum 1.1.2008 habe der Beklagte übersehen, jedenfalls aber nicht in seinen Schreiben vom 16.09. und 25.9.2008 behandelt.
Nach dem Urteil des BGH vom 9.7.2010 - 5 ZR 202/09 dürfe ein Wohnungseigentümer grundsätzlich darauf vertrauen, dass die bis zu einer Änderung des Verteilungsschlüssels angefallenen Kosten nach dem bisherigen Schlüssel umgelegt würden.
Da die Wohnungseigentümergemeinschaft für 2008 einen Einzelwirtschaftsplan mit dem alten Verteilungsschlüssel von 4,5/1000 beschlossen habe, habe dieses schu...