Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz wegen eines von dem "Abgasskandal" betroffenen Fahrzeugs

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2, § 826; BImSchG § 38 Abs. 1; FZVO § 8; StGB § 263; StVZO § 19; EGV 715/2007 Art. 3 Nr. 10; EGV 715/2007 Art. 5 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Deggendorf (Urteil vom 31.07.2019; Aktenzeichen 21 O 728/18)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Endurteil des LG Deggendorf vom 31.7.2019 (Az. 21 O 728/18) wird zurückgewiesen.

II. Im Übrigen (Klageerweiterung in der Berufungsinstanz) wird die Klage abgewiesen.

III. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer I genannte Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Klagepartei begehrt von der Beklagten Schadensersatz Zug um Zug gegen Rückgabe ihres von dem sog. "Abgasskandal" betroffenen Fahrzeugs.

Die Klagepartei erwarb im März 2015 von der Autohaus K. GmbH in H. einen von der Beklagten hergestellten gebrauchten Pkw VW Passat zu einem Kaufpreis von 23.779,00 EUR. Das Fahrzeug war im Mai 2014 erstmals zum Verkehr zugelassen worden und wies zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klagepartei einen Kilometerstand von 24.500 Kilometern auf. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die Bestellung vom 02.03.2015 (Anlage K 1).

Am 29.05.2019 betrug der Kilometerstand des Pkw 190.944 km. Auf das Protokoll des Landgerichts vom 29.05.2019 (Seite 2 = Bl. 181 d.A.) wird Bezug genommen.

Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügt über einen Dieselmotor vom Typ EA 189 und ist mit einer Software ausgestattet, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb optimiert.

Nachdem das Kraftfahrbundesamt das Software-Update für das streitgegenständliche Fahrzeug freigegeben hatte, ließ die Klagepartei das Update durchführen.

Die Klagepartei hat vor dem Landgericht vorgetragen, die Beklagte habe sie vorsätzlich und in sittenwidriger Weise geschädigt, wobei der Schaden darin bestehe, dass die Klagepartei das streitgegenständliche Fahrzeug gekauft habe, obwohl sie bei Kenntnis der Sachlage dieses Fahrzeug nicht erworben hätte. Das streitgegenständliche Fahrzeug entspreche nämlich nicht den geltenden Vorschriften hinsichtlich der EURO 5 - Abgasnorm und sei daher aufgrund der tatsächlichen Nichterfüllung der Voraussetzungen weder gemäß § 8 FZVO zulassungsfähig, noch verfüge es über eine wirksame Allgemeine Betriebserlaubnis nach § 19 StVZO. Die Klagepartei sei damit jederzeit dem Risiko ausgesetzt, dass die Betriebserlaubnis entzogen werde. Das Fahrzeug halte nicht die vorgeschriebenen Abgaswerte ein, ferner werde der gemäß § 38 Abs. 1 BImSchG vorgeschriebene Grenzwert beim Stickoxid um das 4,7fache überschritten. Die von der Beklagten vorgenommene Optimierung der Motorsteuerungssoftware sei gesetzeswidrig, da sie gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 verstoße. Es sei ihr, der Klagepartei, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses insbesondere auf die Umweltfreundlichkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs angekommen. Insbesondere sei es ihr sehr darauf angekommen, ein wertstabiles Fahrzeug mit geringem Kraftstoffverbrauch zu erwerben. Es komme nicht darauf an, "ob das Fahrzeug nicht nur formell der EG-Typengenehmigung" entspreche, "sondern ob dies auch materiell-rechtlich so" gewesen sei. Die Beklagte habe "bei der zur Typengenehmigung und Schadstoffklasseneinstufung die erforderliche Prüfstandsmessung manipuliert". Bei Kenntnis der Manipulation wäre keine Genehmigung erfolgt. Vorliegend habe die Beklagte die Klagepartei darüber getäuscht, dass das Fahrzeug auf dem Prüfstand eine bestimmte Menge Stickoxide ausstoße, die zu einer EG-Typgenehmigung und einer bestimmten Schadstoffklasseneinstufung geführt hätten, obwohl das Prüfungsverfahren mit Hilfe der Motorsteuerungssoftware manipuliert gewesen sei.

Die Klagepartei hat weiter vorgetragen, die Beklagte habe das streitgegenständliche Fahrzeug nicht ohne Kenntnis des Vorstandes mit der sogenannten Prüfstandentdeckungssoftware versehen. Der damalige Vorstandsvorsitzende, der Zeuge Prof. Dr. M. W., habe aus reiner Gewinnsucht und in Betrugsabsicht einen Wertverlust um mindestens 30% gegenüber dem vorherigen Gebrauchtwagenwert bei den betroffenen Fahrzeugen billigend in Kauf genommen, sobald die Mängel auf dem Markt bekannt würden. Die R. B. GmbH sei bereits im Jahre 2004 vom damaligen Forschungs- und Entwicklungsleiter und Mitglied des Vorstandes, dem Zeugen Prof. Dr. W., beauftragt worden, das Motorsteuergerät EDC 17 zu entwickeln, welches später eine illegale Softwarefunktion unter dem Namen "Akustikfunktion" enthalten habe. Diese später als sog....

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