Entscheidungsstichwort (Thema)
Immobilienfonds, Anleger, Kaufvertrag, Gesellschaft, Gesellschafterversammlung, Gesellschafter, Zustimmung, Verkauf, Widerruf, Berufung, Treugeber, Mehrdeutigkeit, Immobilie, Beteiligung, Co KG, geschlossener Immobilienfonds, analoge Anwendung
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 06.11.2020; Aktenzeichen 3 HK O 122/20) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 06.11.2020, Az. 3 HK O 122/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 bezeichnete Endurteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses über die Veräußerung des Büro- und Einkaufszentrums "Bahnhofspassagen P.".
Die Beklagte ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer P. KG mit mehr als 12.000 Anlegern. Sie war ursprünglich Eigentümerin des Büro- und Verwaltungsgebäudes "Behördenzentrum", G.traße 112-138, ... Fr./... und hielt Beteiligungen von jeweils 94% an den Objektgesellschaften H.F.S. Immobilienfonds "Das Schloss" B. S. GmbH & Co KG sowie H.F.S. Immobilienfonds Bahnhofspassagen P. GmbH & Co KG, die ihrerseits jeweils Eigentümerinnen des Einkaufszentrums mit Wohngebäuden "Das Schloss", S. 33-36 / G.straße 1-3, ... B. und des Büro- und Einkaufszentrums "Bahnhofspassagen P.", F.-E.-Straße 99-104 / B. Straße 2-22 in ... P. waren (vgl. S. 7 des Prospekts laut Anl. A 22 und § 2 Abs. 3 GV). Die Immobilien in B. und Fr. sind mittlerweile veräußert.
Komplementärin der Beklagten ist die H.F.S. Immobilienfonds Deutschland 10 Komplementär GmbH, Treuhandkommanditistin die W.C. I. GmbH und geschäftsführende Kommanditistin die W.C. R. E. M. GmbH. (Mit-)Geschäftsführer der Komplementärin und der geschäftsführenden Kommanditistin war Herr M. S.
Die Klägerin ist Treugeberin der Beklagten.
Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten laut Anl. A 2 (im Folgenden mit GV abgekürzt) lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 5 Rechtsstellung der Treugeber/der Kommanditisten (...)
(2) (...) Im Innenverhältnis gelten die Treugeber als Kommanditisten. Dies gilt insbesondere (...) für die Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte, insbesondere Stimm(...)rechte. Die Gesellschafter sind ausdrücklich damit einverstanden, dass die Treugeber an den Gesellschafterversammlungen teilnehmen und Kraft der ihnen erteilten Vollmacht das auf ihre Beteiligung entfallende Stimmrecht (...) unmittelbar selbst oder durch Bevollmächtigte ausüben können.
§ 10 Geschäftsführung und Vertretung
(1) Der Komplementär und der geschäftsführende Kommanditist (im Vertrag "die geschäftsführenden Gesellschafter" genannt) sind zur Geschäftsführung der Gesellschaft einzeln verpflichtet.
(2) (...) Ihre Geschäftsführung erstreckt sich auf die Vornahme aller Rechtsgeschäfte, die zum üblichen Betrieb der Gesellschaft gehören. Sie umfasst insbesondere:
(...)
h) die Vorbereitung und Durchführung der Gesellschafterversammmlung
(3) Die geschäftsführenden Gesellschafter können sich auf eigene Kosten zur Erfüllung der von ihnen übernommenen Aufgaben Dritter bedienen (...).
§ 13 Zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäfte.
Zu den folgenden Geschäften bedürfen die geschäftsführenden Gesellschafter der Zustimmung der Gesellschafterversammlung:
(...)
c) Erwerb und Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie Verfügungen über Rechte am Grundbesitz der Gesellschaft, insbesondere Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie der Erwerb, die Übertragung, die Kündigung und die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmen, soweit dies nicht zur Durchführung des Investitionsplans, dem Cash-Management, der Absicherung des Finanzierungskonzepts oder der Arrondierung der in § 2 genannten Objekte erfolgt.
§ 16 Gegenstand der Gesellschafterversammlung.
Die Gesellschafterversammlung ist insbesondere für folgende Beschlussfassungen zuständig:
a) zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäfte gemäß § 13 (...)
j) Änderung des Gesellschaftsvertrages
m) Auflösung der Gesellschaft (...)
n) Beschlussfassung über die Ausübung der Stimmrechte in einer anderen Gesellschaft, sofern in dieser eine Abstimmung über gemäß § 16 a) bis m) abstimmungs- bzw. zustimmungspflichtige Rechtsgeschäfte erfolgt;
§ 17 Beschlussfassung
(1) (...) Die Beschlüsse können in Gesellschafterversammlungen oder im Wege der schriftlichen Abstimmung gefasst werden.
(...)
(3) Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen grundsätzlich der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nicht in diesem Vertrag oder durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Stimmenthaltungen gelten als ...