Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 31.05.2010; Aktenzeichen 15 O 12939/09) |
Tenor
I.
Das Urteil des Landgerichts München I vom 31.5.2010 wird aufgehoben und wie folgt neugefasst:
1.
Der Anspruch des Klägers auf Ersatz des Schadens infolge des Unfalls vom 15.02.2008 im Bereich P.str.163/H.weg ist dem Grunde nach zu 1/2 gerechtfertigt.
2.
Der Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld ist unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils von 1/2 gerechtfertigt.
3.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu 1/2 zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Unfall vom 15.02.2008 im Bereich P.str.163/H.weg noch entstehen wird soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
4.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von den beiden Beklagten wegen eines Glatteisunfalls Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Die Beklagte zu 1 ist für den Bereich der P.straße 152 bis 166 verkehrssicherungspflichtig. Diese Pflicht hat sie mit Vertrag auf den Beklagten zu 2, einen Hausmeister, übertragen.
Der Kläger, der in M. eine Zahnarztpraxis betreibt, kam am 15.02.2008 gegen 07.40 Uhr im H.weg im Bereich des Eckgrundstückes P. Str. 163 zu Sturz. Der Kläger zog sich dabei einen Bruch des rechten Handgelenkes zu.
Der Kläger hat vorgetragen:
Er sei am 15.02.2008 gegen 07.40 Uhr im H.weg im Bereich des Eckgrundstückes P. Str. 163 gestürzt, da sich auf dem Gehweg Glatteis gebildet habe. Obgleich zum Unfallzeitpunkt eine Streupflicht bestanden habe, sei der Gehweg nicht gestreut gewesen. Er habe festes wintertaugliches Schuhwerk getragen. Ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 10.000,- sei angemessen, zumal die Verletzung im April 2008 noch nicht vollständig abgeheilt gewesen sei. Er habe insgesamt einen materiellen Schaden in Höhe von EUR 110.319,12 erlitten, der sich insbesondere aus entgangenem Gewinn, sowie Kosten für eine Praxisvertretung zusammensetze.
Der Kläger hat beantragt:
1.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
a)
ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch einen Betrag von EUR 10,000.-;
b)
Schadensersatz in Höhe von EUR 110.319,12 zu bezahlen nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit.
2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Unfall vom 15.02.2008 in der P.str. 163 in M. noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
Die Beklagten haben beantragt:
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben vorgetragen:
Eine Streupflicht habe aufgrund des auftretenden Blitzeises nicht bestanden, da Streuen sinnlos gewesen wäre Zwischen 07.00 Uhr und 07.30 Uhr sei nur eine Abschwächung eingetreten; zu einer Niederschlagspause sei es nicht gekommen. Streumaßnahmen während dieser Phase wären vollkommen sinnlos gewesen. Der Kläger sei - wenn überhaupt - nicht glatteisbedingt gestürzt. Schließlich müsse sich der Kläger jedenfalls mindestens ein hälftiges, wenn nicht sogar weit überwiegendes Mitverschulden aufgrund des von ihm getragenen mangelhaften Schuhwerkes anrechnen lassen. Das Schmerzensgeld sei übersetzt. Die Höhe des materiellen Schadens werde bestritten. Die Beklagte zu 1 habe den Beklagten zu 2 sorgfältig ausgewählt und überwacht.
Das Landgericht wies mit Urteil vom 31.5.2010 die Klage ab.
Das Landgericht führte zur Begründung aus, dass dem Kläger keine Ansprüche zustünden, da der Beklagte zu 2 die ihm übertragene Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt habe, so dass eine Verletzung der Überwachungspflicht der Beklagten zu 2 ebenfalls ausscheide. Die Verkehrssicherungspflicht des Streupflichtigen entfalle bei fortwährender Blitzeisbildung oder anhaltendem Eisregen. Weiter sei dem Streupflichtigen nach Beendigung der die Glätte verursachenden Niederschläge eine angemessene Beobachtungs- und Vorbereitungszeit zuzubilligen, so dass es noch hinnehmbar sein könne, wenn der Streupflichtige erst nach Ablauf von etwa einer Stunde erneut streue. In der Nacht vom 14. auf den 15.02.2008 sei es im Raum M. (M.-Stadt) zu Glatteisbildung gekommen, die darauf beruht habe, dass Nieselregen auf dem kalten Boden spontan gefroren sei. Es könne dahinstehen, ob im Zeitraum 07.00 Uhr bis 07.30 Uhr der Nieselregen sich nur abgeschwächt oder ganz aufgehört habe, da eine Streupflicht nicht sofort mit Beendigung des über Nacht andauernden Blitzeises um 07.00 Uhr eingesetzt habe. Dabei komme es nicht darauf an, ob an der konkreten Unfallstelle in der konkreten Situation bei einer Streuung ein Sturz verhindert worden wäre und ob im Zeitpunkt des Sturzes der Nieselregen an der UnfallsteIle bereits wieder eingesetzt habe oder nicht. Vielmehr komm...