Verfahrensgang
LG Landshut (Aktenzeichen 74 O 560/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Schlussurteil des Landgerichts Landshut vom 07.06.2018, Az. 74 O 560/15, abgeändert wie folgt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 90 %, der Beklagte 10 %.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
IV. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 24.370,48 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht im Wege der Stufenklage Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche am Nachlass seiner Großmutter geltend. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Zahlungsantrag (Stufe III).
Die Erblasserin ist am 22.03.2012 verstorben. Ihre Tochter Helga H. - die Mutter des Klägers - ist am 14.05.2009 vorverstorben; sie hat drei Kinder hinterlassen. Die Erblasserin hat am 14.08.1984 mit dem Beklagten - ihrem Sohn - einen Erbvertrag geschlossen, in dem sie diesen zum Alleinerben eingesetzt hat. Unter dem 02.12.2005 hat die Erblasserin handschriftlich eine "Ergänzung des Erbvertrages vom 14.08.1984" verfasst, die von ihr und dem Beklagten unterschrieben ist. Diese lautet: "Ich habe meiner Tochter Helga H. Kontovollmacht über meine Ersparnisse bei der Stadtsparkasse M, und der Postbank erteilt. Bei Entnahme vor meinem Tod ist damit ihr Pflichtteilanspruch auf mein Erbe vollständig abgegolten." Die Mutter des Klägers hat am 26.10.2005 von einem Konto der Erblasserin für sich 30.000 EUR abgehoben. Am 06.04.2006 hat sie Beträge in Höhe von 9.365,53 EUR und 7.797,32 EUR erhalten, am 12.04.2006 14.827,08 EUR. Insgesamt betrugen diese Zuwendungen der Erblasserin an ihre Tochter 61.989,93 EUR.
Zum Nachlass gehören der Anteil der Erblasserin (rechnerisch *) an einer Immobilie, dessen Wert streitig ist, sowie Ansprüche aus Sterbeversicherungen. Streitig ist auch, ob die Kosten der nach dem Tod der Erblasserin durchgeführten Kanalsanierung zu Lasten des Nachlasses gehen und der Saldo des Girokontos auch insoweit berücksichtigt werden kann, als er auf eine Zahlung an den Beklagten in Höhe von 1.300 EUR zurückzuführen ist.
Der Kläger ist der Meinung, die Zuwendungen an seine Mutter seien nicht auf den Pflichtteil anzurechnen.
Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 24.370,48 EUR nebst Zinsen seit 01.07.2013 sowie von 1.100,51 EUR vorgerichtlichen Anwaltskosten zu verurteilen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er ist der Auffassung, die Zuwendungen seien in voller Höhe anzurechnen und überstiegen den Pflichtteilsanspruch des Klägers.
Das Landgericht hat zum Wert des Miteigentumsanteils an der Immobilie ein Sachverständigengutachten eingeholt. Mit Schlussurteil vom 07.06.2018 hat es den Beklagten zur Zahlung von 16.852,84 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2013 verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Reinnachlasswert betrage 198.972,42 EUR, der Pflichtteilsanspruch des Klägers vor der notwendigen Anrechnung folglich 16.581,04 EUR. Hinzuzurechnen sei ein Pflichtteilsergänzungsanspruch in Höhe von 5.756,88 EUR aufgrund der lebzeitigen Zuwendungen an die Mutter des Klägers i.H.v. indexierten 69.082,53 EUR. Der Kläger müsse sich einen Betrag in Höhe von 5.485,07 EUR gemäß § 2327 Abs. 1 Satz 2 BGB anrechnen lassen. Nur hinsichtlich des Betrages von 14.827,08 EUR (indexiert 16.455,21 EUR) bestehe eine Anrechnungsbestimmung, die sich aus dem Schriftstück vom 02.12.2005 (Anlage B 9) ergebe. Die Zuwendungen vom 06.04.2005 und vom 26.10.2005 seien bereits zuvor erfolgt; insoweit habe der Beklagte den Beweis einer Anrechnungsbestimmung nicht erbringen können.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er beantragt, das Urteil des Landgerichts vom 07.06.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Das Landgericht habe verkannt, dass die Zuwendungen über 9.365,53 EUR und 7.797,32 EUR nicht 2005, sondern 2006 erfolgt seien und deshalb von der Anrechnungsbestimmung vom 02.12.2005 umfasst seien. Hinsichtlich des Betrages von 30.000 EUR sei nicht auf das Datum der Abhebung abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem die Erblasserin von der unberechtigten Abhebung erfahren und - unter Anrechnung auf den Pflichtteil - gegenüber ihrer Tochter auf die Rückzahlung verzichtet habe. Die Erblasserin habe mit ihrer Tochter vereinbart, dass diese den gesamten Pflichtteil sofort erhalte. Mit den drei weiteren Abhebungen sei der gesamte Pflichtteil nach Auffassung sowohl der Tochter als auch der Erblasserin bezahlt gewesen; dies hätten beide anlässlich des 65. Geburts...