Entscheidungsstichwort (Thema)
Carrera
Leitsatz (amtlich)
Der Abschluss einer markenbezogenen Nichtangriffsabrede ist nicht wegen des Popularklagecharakters der Löschungsklage wegen Verfalls (§ 55 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) gemäß § 134 BGB nichtig.
Normenkette
MarkenG § 25 Abs. 2, § 43 Abs. 1, § 49 Abs. 1, § 55 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3; BGB § 134
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 10.02.2014; Aktenzeichen 4 HK O 26640/12) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 10.02.2014 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des LG sind hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Einwilligung in die Löschung bestimmter Marken gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt. Hinsichtlich fünf Marken verlangt sie die Einwilligung in die vollständige Löschung, hinsichtlich fünf weiterer begehrt sie die Einwilligung in die Löschung für bestimmte Waren und Dienstleistungen. Die Beklagte begehrt im Wege der Widerklage die Feststellung, dass der Klägerin keinerlei Ansprüche auf Zustimmung zur Löschung zustehen.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft. Alleinige Aktionärin der Gesellschaft ist I. H., Alleinvorstand ist deren Ehemann K. H. K. H. ist Inhaber zahlreicher Marken "Carrera" für verschiedene Waren und Dienstleistungen. Er war mit Ausnahme der Wortmarke "Carrera" Nummer 39716168 vormals auch eingetragener Inhaber sämtlicher Marken bezüglich derer nunmehr die Einwilligung in die Löschung verlangt wird.
Mit Kauf- und Übertragungsvertrag vom 03.03.2005 (Anlage B 2) übertrugen die Eheleute H., K. H. als so genannter "formal Berechtigter" und I. H. als so genannte "materiell Berechtigte", unter anderem einen Teil der streitgegenständlichen Marken auf die Firma Lu. zu einem Preis von 1.450.000,00 EUR brutto. Mit Vertrag vom 10./15.03.2008 (Anlage B 3) übertrugen die Eheleute H. weitere, auch streitgegenständliche, Marken auf die Firma L. zu einem Preis von insgesamt 446.240,00 EUR.
Die Firmen Lu. bzw. L. waren somit Inhaber der streitgegenständlichen Marken. Inhaber der streitgegenständlichen Marken ist nunmehr die Beklagte.
Die Verträge vom 03.03.2005 und 10./15.03.2008 lauten auszugsweise wie folgt:
§ 5
Abgrenzungs- und Vorrechtsvereinbarungen
1. Die Käuferin verpflichtet sich, aus der Eintragung und Benutzung der ihr übertragenen "Carrera"-Marken keine Rechte gegen die "Carrera"-Marken der materiell-berechtigten Markeninhaberin, Frau I. H., bzw. des formell-berechtigten Markeninhabers, Herrn K. H., geltend zu machen und auch Neueintragungen dieser oder ähnlicher Marken zugunsten der materiell-berechtigten Markeninhaberin, Frau I. H., bzw. des formell-berechtigten Markeninhabers, Herrn K. H., zu dulden, mit Ausnahme derjenigen Waren/Dienstleistungen, für welche die der Käuferin übertragenen "Carrera"-Marken Schutz genießen.
2. Die materiell-berechtigte Markeninhaberin, Frau I. H., und der formell-berechtigte Markeninhaber, Herr K. H., verpflichten sich, aus der Eintragung und Benutzung ihrer "Carrera"-Marken keine Rechte gegen die der Käuferin übertragenen "Carrera"-Marken geltend zu machen und auch Neueintragungen dieser oder ähnlicher Marken zugunsten der Käuferin für Waren/Dienstleistungen, für welche die der Käuferin übertragenen "Carrera"-Marken Schutz genießen, zu dulden.
3. Die vorstehenden Vereinbarungen gemäß Abs. 1. und 2. gelten nicht nur für diejenigen Länder, in denen bereits Markenschutz besteht, sondern weltweit, d.h. auch für diejenigen Länder, in denen noch kein Markenschutz besteht.
...
§ 8
Ermächtigung des formell-berechtigten Markeninhabers und Rechtsnachfolge
1....
2. Die vorstehend in §§ 1 bis 7 getroffenen Vereinbarungen gelten für die Rechtsnachfolger sowie für verbundene Unternehmen der Parteien.
Die Klägerin behauptet, die streitgegenständlichen Marken seien löschungsreif, da sie von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin nicht rechtserhaltend gemäß § 26 Markengesetz benutzt worden seien.
Da die Löschungsreife einer Marke wegen Nichtbenutzung im Wege der Popularklage geltend gemacht werden könne, sei die Klägerin auch nicht durch die als Anlagen B 2 und B 3 vorgelegten Verträge zwischen den Eheleuten H. und der Rechtsvorgängerin der Beklagten daran gehindert, die Zustimmung zur Löschung im Klagewege geltend zu machen. Dies schon deshalb, weil die Beklagte nicht Partei der Verträge gemäß Anlagen B 2 und B 3 sei und der Wortlaut der Verträge auch keine umfassende Verpflichtung der Eheleute H. enthalte, keinerlei Rechte gegen die mit den Kaufverträgen verkauften Marken geltend zu machen. Zwischen den Parteien der Kaufverträge habe Einigkeit bestanden, dass sich die Käuferin vor allen sonstigen denkbaren Angriffen auf die er...