Verfahrensgang
LG München II (Entscheidung vom 30.10.2008; Aktenzeichen 14 O 6594/07) |
Tenor
1.
Auf die Berufung der Beklagten vom 02.12.2008 wird das Teilgrundurteil des LG München II vom 30.10.2008 (Az. 14 O 6594/07) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Klageantrag I. ist dem Grunde nach zu 25% der von der Klägerin wegen des Unfalls ihres Versicherten Klaus W, vom 06.02.2005 gegen 19.15 Uhr auf der S. Abfahrt unfallbedingt erbrachten Aufwendungen und Heilbehandlungskosten gerechtfertigt.
Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Gegenstand des Rechtsstreits sind - unter Berücksichtigung einer Mithaftung von 50% - Ansprüche der Klägerin wegen aufgewendeter Heilbehandlungskosten und Feststellung der diesbezüglichen weiteren Haftung der Beklagten aus übergegangenem Recht wegen eines Unfalles, der sich am Faschingssonntag, dem 06.02.2005 gegen 19.15 Uhr im Skigebiet S. auf der S. Abfahrt in einer Entfernung von etwa 250 Metern vom Pistenende (dort befindet sich der Parkplatz neben der S.-Bergbahn und die Bergwachthütte der Bergwacht S.) ereignete. Der Beklagte zu 1), Beschäftigter der Betreiberin der S. Bahn, der Beklagten zu 2), war von dieser mit der Pistenraupe Marke Kässbohrer, Typ Pistenbulli W 300 Polar mit Windenaufbau (Gewicht ca. 10 to) zum Präparieren der Pisten eingesetzt. Der Versicherte der Klägerin, der Zeuge W., ein geübter Skifahrer, nahm an dem alljährlich am Faschingssonntag stattfindenden F. Almfasching, bei welchem auf der F. Alm und den umliegenden Hütten mit Musik und Alkohol gefeiert wird, als Musiker zusammen mit Freunden auf der O. Hütte teil, ohne engagiert zu sein. Teilnehmer des Faschingstreibens im Skigebiet benutzen häufig auch nach dem Schließen der Liftanlagen die Abfahrt, um ins Tal zu gelangen. Gegen 19.15 Uhr präparierte der Beklagte zu 1) den talwärts gesehen linken Rand der S. Abfahrt Richtung Parkplatz. Der Versicherte der Klägerin - eine bei ihm um 21.40 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine BAK von 0,76 Promille - fuhr mit abgeschnittenen, auf etwa 1 m gekürzten Skiern, ohne Stöcke und mit umgehängtem Tenorhorn in der frisch präparierten Raupenspur auf der im Bereich der Unfallörtlichkeit insgesamt etwa 35 m breiten Piste talwärts. Als der Beklagte zu 1) wegen einer unbeabsichtigt entstandenen Mulde anhielt, hielt auch der Zeuge W. an und kam dabei in streitigem Abstand hinter der Raupe zu Sturz, ohne mit dieser zu kollidieren und ohne sich sturzbedingt Verletzungen zuziehen. Das Gefälle an dieser Stelle beträgt ca. 30%. Der Beklagte zu 1) legte den Rückwärtsgang ein, eine Sichtmöglichkeit nach hinten durch das rückwärtige Fenster der Fahrerkabine bestand wegen des bei diesem Kraftfahrzeug in der Fahrzeugmitte befindlichen Windenaufbaus nur äußerst beschränkt. Die bei Einlegen des Rückwärtsganges sich automatisch anhebende Fräse verdeckte die Sicht über die Außenspiegel. Zu weiteren Pistenraupen, die sich in unmittelbarer Nähe auf diesem Hang etwas weiter talwärts befanden, bestand Funkkontakt. Der Zeuge W. hatte Schwierigkeiten, sich aus dem Schnee zu befreien und zu entfernen, er versuchte durch Winken auf sich aufmerksam zu machen. Der Beklagte zu 1) fuhr ca. 14.80 m - ohne dass er die Strecke hinter sich einsehen konnte - zurück und überfuhr mit der Kette der Pistenraupe den Gestürzten, der sich schwere Verletzungen zuzog. Ohne dass er bemerkte, den Zeugen W. überfahren zu haben, hielt der Beklagte zu 1) an, um vorwärts weiter zu fahren, wurde jedoch, gerade als er wieder nach vorne anfahren wollte, von Zeugen auf den Unfall aufmerksam gemacht. Der Verletzte lag vor dem vorderen Räumschild im Schnee, wo er geborgen wurde.
In den DSV-Tipps zum Verhalten von Skifahrern gegenüber Pistenraupen heißt es u.a: "Einer Pistenraupe, egal ob sie fährt oder steht, darf der Pistenbenutzer niemals zu nahe kommen. Er muss immer damit rechnen, dass sie plötzlich die Fahrtrichtung ändert, anhält oder rückwärts fährt. Der Sicherheitsabstand darf deshalb zur Vorder- und Rückseite 15 Meter, zu den Seiten 3 Meter nicht unterschreiten.
Wenn ein Pistenbenutzer nicht ausweichen kann (Sturz, Materialdefekt o. ä.), muss er sich dem Fahrer durch möglichst deutliche Zeichen bemerkbar machen. Wenn nötig, sollen andere Pistenbenutzer den Lenker warnen."
In den Richtlinien der Berufsgenossenschaft zum Betrieb von Pistenpflegegeräten ist unter Ziffer 3.4.6 ausgeführt "Geräteführer haben ihre Fahrweise so einzurichten, dass sie innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten können" und unter 3.3.2. "Geräteführer dürfen mit Pistenpflegegeräten Arbeits...