Leitsatz (amtlich)
1.
Hat der Angeklagte bereits Klage auf Wandlung eines Vertrages über den Kauf eines Pkws erhoben und übergibt er dem vom Gericht mit der Feststellung der Mängel beauftragten Sachverständigen das Fahrzeug, nachdem er zuvor einen Mangel an der Bremsanlage selbst bewirkt hat, so kann darin bereits ein versuchter (Prozess-)Betrug liegen.
2.
Die rechtliche Bewertung eines Vermögensvorteils ist nicht durch das ansonsten unerlaubte Verhalten des Täters beeinflusst. Beim Beweismittelbetrug fehlt es daher an der Rechtswidrigkeit der Bereicherung, wenn das Resultat der wahren Rechtslage entspricht.
3.
Bedingter Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit liegen im Grenzbereich eng beieinander. Für den Nachweis bedingten Vorsatzes bei einem Vergehen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr kann insbesondere an die vom Täter erkannte objektive Größe und Nähe der Gefahr angeknüpft werden. Auch bei einem freisprechenden Urteil ist der Tatrichter deshalb verpflichtet, eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände vorzunehmen, die Rückschlüsse auf den bedingten Vorsatz des Angeklagten zulassen.
4.
Auch wenn der versuchte (Prozess-)Betrug tateinheitlich mit dem Versuch des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr zusammenfällt, kommt die Qualifikation des Ermöglichens einer Straftat gemäß § 315 Abs. 3 Nr. 1b 1. Alternative in Betracht.
5.
Hat der Angeklagte den Tatvorwurf bestritten, kann das Revisionsgericht bei Aufhebung der freisprechenden Entscheidung des Berufungsgerichts nicht selbst über den Schuldspruch befinden; vielmehr muss die Sache unter Aufhebung auch der bisherigen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Gründe
I.
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Betrugs in Tatmehrheit mit versuchtem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Außerdem zog es den Führerschein ein, entzog dem Angeklagten die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist für die Wiedererteilung von 14 Monaten.
Auf die Berufung des Angeklagten hob das Landgericht diese Entscheidung auf und sprach den Angeklagten frei. Nach den Feststellungen des Landgerichts kaufte der Angeklagte im Jahre 2002 einen Pkw zu einem Gesamtpreis von 38.550 Euro. In der Folgezeit machte er eine Reihe von Mängeln geltend und verlangte die Zurücknahme des Fahrzeugs. Da es zu keiner Einigung mit dem Verkäufer kam, erhob der Angeklagte am 21.7.2003 Klage auf Zahlung von 36.331 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das Landgericht Kempten (Allgäu) erließ einen Beweisbeschluss auf Erholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln. U.a. sollte sich der Sachverständige zur Behauptung des Angeklagten äußern, das elektrische Steuerungssystem "ABS/ESP" des Fahrzeugs sei defekt. Der Sachverständige vereinbarte mit dem Angeklagten einen Besichtigungstermin für den 27.5.2004. Da der Angeklagte befürchtete, dass die vom Sachverständigen festzustellenden Mängel sein Wandlungsbegehren noch nicht rechtfertigten, beschloss er, in das Fahrzeug einen weiteren "Mangel" einzubauen. Er lockerte daher mit einem Schraubenschlüssel die Verschraubung der Bremsleitung zur rechten hinteren Radbremse an der Hydraulik-Steuereinheit (ABS-Block) um ca. 15 Grad.
Diese Manipulation hatte, wie von dem sachkundigen Angeklagten vorhergesehen, zur Folge, dass nunmehr beim nächsten Betätigen der Bremse an der gelockerten Verbindung durch den sich aufbauenden Bremsdruck Bremsflüssigkeit austreten würde, mit der Folge, dass der Bremsdruck durch die Hydraulikflüssigkeit zunächst nicht in vollem Umfang auf die Räder übertragen werden kann. Erst beim weiteren Durchtreten des Bremspedals in Richtung Bodenblech kommt der aus Sicherheitsgründen vorhandene 2. Bremskreis zur Wirkung.
Der Sachverständige kam am 27.5.2004 zur vereinbarten Probefahrt. Er fuhr das Fahrzeug von einem Vorhof auf die öffentliche Straße und näherte sich nach ca. 100 Metern einer auf Rot stehenden Ampel. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nur eine geringe Geschwindigkeit erreicht, bremste das Fahrzeug ab, bemerkte dabei, dass sich das Bremspedal bis nahezu zum Boden durchtreten ließ, konnte jedoch das Fahrzeug mit dem vorhandenen 2. Bremskreis problemlos ohne Gefährdung zum Stillstand bringen.
Das Landgericht hielt trotz dieses festgestellten Sachverhalts eine Strafbarkeit des Angeklagten aus Rechtsgründen für nicht gegeben. Der Versuch eines Betruges sei über ein Vorbereitungsstadium nicht hinausgekommen, für eine Strafbarkeit wegen eines versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr fehle es an einem entsprechenden (bedingten) Vorsatz des Angeklagten.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision. Sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts und ist insbesondere der Auffassung, nach den getroffenen Feststellungen habe sich der Angeklagte sowohl eines versuchten Betruges als auch eines versucht...