Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 21.09.2011; Aktenzeichen 14 O 8066/11) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 21.09.2011, AZ: 14 O 8066/11 aufgehoben.
II.
Die Beklagte wird verurteilt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Beeinträchtigung des zu Gunsten des Grundstücks Fl.Nr.: ...07/3, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts München für H. Bd. ...30 Blatt ...02, eingetragenen Geh- und Fahrtrechtes am Grundstück FlNr.: ...06, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts München für H. Bd. ...30 Blatt ...03, durch die Konzeption des auf dem dienenden Grundstück an der Grenze zu den benachbarten Grundstücken FlNr.: ...06/1 und ...06/2 errichteten, ca. 1 Tonne schweren, ca. 3 x 5 m messenden Drehflügeltores, insbesondere im Hinblick auf Öffnen und Schließen des Tores, wie sie anlässlich des richterlichen Augenscheins am 20.07.2011 festgestellt wurde, zu beseitigen.
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten der Nebenintervention trägt der Kläger die Hälfte. Im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre Kosten selbst.
V.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
VI.
Die Revision wird nicht zugelassen.
VII.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 10.000.- festgesetzt.
Gründe
I.
Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es nicht, denn der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt 20.000 EUR nicht (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Nach herrschender Meinung ist § 313 a ZPO, auf den § 540 Abs. 2 ZPO ausdrücklich verweist, auch auf Berufungsurteile anwendbar (Thomas/Putzo, ZPO, 33. Auflage, Rn. 2 zu § 313 a und Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage, Rn. 2 zu § 313 a).
In der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2012 erklärten sich die Parteien mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden (§ 128 Abs. 2 ZPO). Daraufhin erging Beschluss, dass schriftlich entschieden wird. Schriftsätze, die bis zum 16.07.2012 bei Gericht eingehen, werden bei der Entscheidung berücksichtigt. Termin zur Verkündung einer Entscheidung wurde auf den 08.08.2012 bestimmt.
Mit Schriftsatz vom 16.05.2012 verkündete die Beklagte der M. Gesellschaft für Stadterneuerung mbH den Streit. Die Streitverkündete trat mit Schriftsatz vom 16.07.2012, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, dem Rechtstreit auf Seiten der Beklagten bei, schloss sich ihrem Klageabweisungsantrag an und verkündete ihrerseits dem Kläger den Streit.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet.
Der Kläger kann zwar im Hinblick auf eine schonende Ausübung seiner Grunddienstbarkeit (§ 1020 BGB) keine Zufahrt zu seinem Grundstück ohne Tor verlangen, hat aber gemäß §§ 1027, 1004 BGB Anspruch darauf, dass die Beeinträchtigung seines Geh- und Fahrtrechtes durch die Erschwernisse beim Öffnen und Schließen des streitgegenständlichen Tores, wie es im Augenscheinsprotokoll des Landgerichts vom 20.07.2011 beschrieben ist, in seiner derzeitigen Ausführung beseitigt werden.
Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens R.strasse 101/103 in M., welches mit einem Mietshaus bebaut ist und über Hof- und Freifläche verfügt.
Zu Gunsten des klägerischen Grundstücks, bei welchem es sich um ein sogenanntes Hinterliegergrundstück handelt, ist über das Grundstück der Beklagten ein Geh- und Fahrtrecht im Grundbuch eingetragen.
Im Bereich des klägerischen Geh- und Fahrtrechtes hat die Beklagte das streitgegenständliche Tor errichtet.
Auf der Grundlage der vom Landgericht, insbesondere auf Grund des protokollierten Augenscheins im Termin vom 20.07.2011, getroffenen tatsächlichen Feststellungen, an welche der Senat gemäß § 529 ZPO grundsätzlich gebunden ist, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger die Beeinträchtigung seines Geh- und Fahrtrechtes durch das streitgegenständliche Tor in seiner konkreten Ausprägung nicht dulden muss.
Grundsätzlich schließt die Gewährung eines Geh- und Fahrtrechtes die Errichtung eines Tores nicht aus.
Allerdings ergibt sich aus der Anbringung eines Tores eine Beschwernis des Berechtigten bei der Ausübung des Geh- und Fahrrechtes. In der Rechtsprechung ist hierzu anerkannt, dass der Berechtigte wegen der Verpflichtung zur schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit (§ 1020 S. 1 BGB) gewisse Erschwernisse bei deren Ausübung hinnehmen muss, allerdings nur, soweit berechtigte Interessen des Verpflichteten dies als angemessen erscheinen lassen (BGH DNotZ 1959, 240, 241; BayObLGZ 23, 115, 120; OLG Frankfurt vom 22.11.2010 - 19 W 59/10; OLG Koblenz, DNotZ 1999, 511, 512; OLG Frankfurt, NJW-RR 1986, 763; OLG Karlsruhe NJW-RR 1991, 785, 786;). Dies ist eine Einzelfallbewertung.
Hier erscheint die Ausführung der vorgenommenen Absperrung durch das streitgegenständliche Tor bei der Abwägung der Interessen beider Parteien als unangemessen und auch unter dem Gesichtspunkt einer schonenden Ausübung des klägerischen Geh- und Fahrtrechtes als nicht hinnehmbar.
Der Senat verkennt nicht, dass die Beklagt...