Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 14.01.2010; Aktenzeichen 19 O 6623/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten vom 25.02.2010 wird das Endurteil des LG München I vom 14.01.2010 dahin abgeändert, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Ersatz von Reparaturkosten, Attestkosten, Kleidungsschaden, Verdienstausfall, Fahrkosten, Telefonkosten sowie Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 13.748,78 € aus einem Verkehrsunfall vom 06.07.2007 gegen 14.20 Uhr in München an der Einmündung der Hopfenstraße in die Marsstraße geltend. Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 14.01.2010 (Bl. 92/100 d. A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG München I hat nach Beweisaufnahme die Beklagten verurteilt, 7.295,79 € an den Kläger zu zahlen und im übrigen die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses den Beklagten am 01.02.2010 zugestellte Urteil haben diese mit einem beim Oberlandesgericht München am 25.02.2010 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 116/117 d. A.) und diese mit einem beim Oberlandesgericht München am 01.04.2010 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 119/122 d. A.) begründet.
Die Beklagten beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat gemäß Beweisanordnung vom 17.06.2010 (Bl. 129 d. A.) Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen Dunja F., Claudia K. und Julia P. sowie durch Einholung eines mündlichen Gutachtens der Sachverständigen Dipl.-Ing. Karin K. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 08.10.2010 (Bl. 141/150 d. A.) samt Anlage verwiesen.
Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift, die Berufungserwiderung vom 15.06.2010 (Bl. 127/128 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 08.10.2010 (Bl. 141/150 d. A.) Bezug genommen.
B. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
I. Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz bejaht.
1. Da das Fahrrad des Klägers beim Betrieb des Pkws des Zweitbeklagten beschädigt und der Kläger verletzt wurden, kommt grundsätzlich ein Anspruch des Klägers aus §§ 7 I StVG, 115 VVG und, soweit ein Verschulden des Beklagten zu 2) vorliegen sollte, aus § 823 I BGB in Betracht - einer Berührung der Fahrzeuge bedarf es für die Bejahung des Tatbestandsmerkmals "bei dem Betrieb" nicht (vgl. eingehend BGH NJW 2005, 2081 = MDR 2005, 1104 = VersR 2005, 992 = DAR 2005, 440 = r+s 2005, 348 = SP 2005, 295 = NZV 2005, 455 = zfs 2005, 487 = VerkMitt. 2005, Nr. 63 = VRS 109 [2005] 261).
2. Der Senat ist aber aufgrund der in zweiter Instanz durchgeführten erneuten Beweisaufnahme der Überzeugung, daß der Zweitbeklagte den Sturz des Klägers und damit dessen Sach-, Vermögens- und Personenschäden nicht verursacht hat, insbesondere nicht gegen § 9 III 1 StVO (Vorrang des Gegenverkehrs) verstoßen hat. Die Unfallschilderung des Klägers ist in sich erheblich widersprüchlich, z. T. technisch nicht nachvollziehbar, von den von ihm benannten Zeuginnen Dunja F. und Claudia K. nicht - ausreichend - bestätigt und im Widerspruch zur Darstellung des Zweitbeklagten und der Zeugin Julia P. stehend; auch die Ausführungen der Sachverständigen K. haben keinen Anhalt ergeben, der die Darstellung des Klägers als erwiesen anzusehen auch nur nahelegt. Dem Kläger kommt mangels Berührung/Kollision der Fahrzeuge auch nicht der sonst im Zusammenhang mit etwaigen Verstößen gegen § 9 III 1 StVO eingreifende Anscheinsbeweis gegen den Linksabbiegenden (vgl. BGH NZV 2005, 249 ff. = DAR 2005, 260 ff.; ebenso NJW-RR 2007, 1077 = MDR 2007, 884 = VersR 2007, 681 = NZV 2007, 294; Senat, Urt. v. 25.09.2009 - 10 U 1921/09 [n. v.]) zu Hilfe (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 9 Rz. 55; ebenso bei § 8 II StVO: BGH VersR 1959, 792 [793 f.]; Senat NZV 2005, 582; Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl. 1994, Rz. 678 und 688).
a) Der Kläger, der in erster Instanz im Rahmen seiner Anhörung noch bekundet hatte, daß der Zweitbeklagte mit "hoher Geschwindigkeit", geschätzt 50-60 km/h, möglicherweise aber auch nur mit 10-20 km/h abgebogen und nach starkem Abbremsen unter Hinterlassung einer Bremsspur ca. 10 cm von ihm, dem Kläger, entfernt zum Stehen gekommen sei (Prot. v. 28.11.2008, Bl. 49 d. A.), erklärte bei seiner Anhörung durch den Senat, den Abbiegevorgang des Zweitbeklagten gar nicht beobachtet zu haben, da er sich angesichts seiner "Vorfahrt" als Radfahrer auf einem Radweg voll auf die vor ihm liegende Fahrspur konzentr...