Leitsatz (amtlich)
1. Strafbefehle sind Urteile in Rechtssachen i.S.v. § 839 Abs. 2 S. 1 BGB.
2. Das vereinbarte Verteidigerhonorar ist im Rahmen eines Anspruchs nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu ersetzen, selbst wenn es den gesetzlichen Gebührenrahmen übersteigt. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB ist nur beim Abschluss offenkundig überhöhter Honorarvereinbarungen anzunehmen.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 08.09.2004; Aktenzeichen 9 O 4292/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG München I vom 8.9.2004 aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 841,22 EUR zzgl. 6,5 % Zinsen vom 27.3.2002 bis 31.7.2003, 4,5 % Zinsen vom 1.8.2003 bis zum 22.1.2004 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 23.1.2004 zu zahlen.
Die weiter gehende Klage wird ab- und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 92 % und der Beklagte 8 %.
III. Das Urteil ist für beide Parteien vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger, Inhaber eines Sicherheitsdienstes, macht gegen den Beklagten Amtshaftungsansprüche wegen der Durchführung verschiedener Straf- und Bußgeldverfahren geltend. Der Kläger fordert die Erstattung von ihm gezahlter Bußgelder und Geldstrafen, den Ersatz von Gerichts-, Anwalts- und Arztkosten sowie die Zinsen für die Kreditfinanzierung dieser Aufwendungen.
Hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien in erster Instanz nimmt der Senat auf den Tatbestand des Urteils des LG München I vom 8.9.2004 Bezug.
Das LG wies die Klage im Wesentlichen gestützt auf § 839 Abs. 3 BGB in vollem Umfang ab. Zudem führte es aus, das über die gesetzlichen Gebühren hinausgehende Wahlverteidigerhonorar sei nicht ersatzfähig. Die Kausalität der gegen den Kläger eingeleiteten Verfahren für die von ihm für Psychotherapie aufgewandten Arztkosten sei nicht ausreichend belegt.
Der Kläger verfolgt sein Begehren im Wege der Berufung weiter.
Er bringt vor, die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der Bußgeldbescheide vom 2.1.2001 und 24.10.2001 sowie der Strafbefehle vom 2.4.2001 gegen Frau K. und ihn hätten nicht vorgelegen. Frau K. habe bei ihm in einem Ausbildungsverhältnis gestanden und habe daher von ihm rechtmäßig einen Revolver erhalten.
Das Spruchrichterprivileg nach § 839 Abs. S. 1 BGB sei auf Strafbefehle nicht anwendbar.
Es sei ihm nicht zumutbar gewesen, die Einsprüche gegen den Bußgeldbescheid vom 2.1.2001 und den Strafbefehl vom 2.4.2001 Aufrecht zu erhalten. Aus demselben Grund habe er Frau K. zur Rücknahme des Einspruchs bewegen und ihre Geldstrafe bezahlen müssen. Die Drohungen des Oberregierungsrats P. vom Landratsamt W., die einseitig auf Verurteilung ausgerichtete Praxis des Richters am AG W. F. und die durch eine öffentliche Gerichtsverhandlung zu erwartende Ruf- und Geschäftsschädigung hätten den Gebrauch von Rechtsmitteln ausgeschlossen.
Die Kosten der Honorarvereinbarung für den erfolgreichen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 24.10.2001 seien entgegen der Auffassung des LG ersatzfähig. Das Honorar von Rechtsanwalt G. sei angemessen. Den Einspruch in diesem Bußgeldverfahren habe er nur Aufrecht erhalten, da es beim AG W. zu einem Richterwechsel gekommen sei.
Die Kausalität der gegen ihn eingeleiteten Verfahren für die Entwicklung seines depressiven Syndroms lasse sich durch ein Sachverständigengutachten beweisen.
Der Kläger beantragt: Unter Abänderung des Urteils des LG München I vom 8.9.2004 - 9 O 4292/04 wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 11.036 EUR nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheids zu zahlen.
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Der Beklagte bringt vor, die Bußgeldbescheide und Strafbefehle seien zu Recht ergangen. Auch der Erlass des Bußgeldbescheids vom 24.10.2001 sei aufgrund des vorhergehenden ungenügenden Sachvortrags des Klägers zumindest vertretbar gewesen. Die gesetzlichen Gebühren übersteigende Aufwendungen für eine Honorarvereinbarung seien nach § 839 BGB nicht ersatzfähig. Dies ergebe ein Vergleich mit dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG).
Hinsichtlich des Weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren verweist der Senat auf die Schriftsätze des Klägers vom 20.12.2004 (Bl. 82/92 d.A.) und vom 1.2.2005 (Bl. 106/107 d.A.) sowie des Beklagten vom 26.1.2004 (Bl. 96/104 d.A.) und vom 24.2.2005 (Bl. 113/119 d.A.).
Der Senat hat die Strafsachen 2 Cs 47 Js 506/00 gegen M.K. und 2 CS 47 Js 38504/00 gegen J.K. sowie die Bußgeldsache 1 OWi 36 Js 43117/01 gegen J.K. zu Beweiszwecken beigezogen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist nur zu einem geringen Teil begründet. Die Verteidigerkosten im Einspruchsverfahren gegen den Bußgeldbescheid vom 24.10.2001 sind vom Beklagten gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu erstatten. Dagegen hat der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der ihm im Zusammenhang mit dem Erl...