Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Schwimmender Estrich als Gemeinschaftseigentum
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23.7.1984 aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Wert der Beschwer beträgt 12.000,– DM.
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Kläger sind zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht aktivlegitimiert, da der beanstandete Schallschutz Mangel am Gemeinschaftseigentum ist, die Gemeinschaft der Eigentümer aber beschlossen hat, wegen dieser Mängel in erster Linie Kosten der Mängelbeseitigung und nur hilfsweise Minderung bzw. Schadensersatz geltend zu machen und die Entscheidung hierüber ihrem Prozeßbevollmächtigten übertragen hat.
1. Gegenstand der Klage sind Mängel am Gemeinschaftseigentum. Dies steht zwischen den Parteien bezüglich der Wohnungseingangstüren außer Streit. Aber auch der schwimmende Estrich, der nach den vorliegenden Gutachten Ursache des nicht ausreichenden Trittschallschutzes ist, gehört zum Gemeinschaftseigentum und kann nicht Gegenstand des Sondereigentums sein, so Deckert, Baumängel am Gemeinschaftseigentum der Eigentumswohnung, 2. Aufl. 1980, Seite 27; OLG Düsseldorf in Der Wohnungseigentümer 1979, 128. Anderer Auffassung Köln OLGZ 76, 142, Bärmann-Pick-Merle, WEG 5. Aufl. 1985, Rdnr. 18 zu § 5; Weitnauer WEG, 6. Aufl. 1982, Rdnr. 8 zu § 5, Palandt-Bassenge, 43. Aufl., Anm. 1 b zu § 5 WEG, offengelassen von BayObLG in Der Wohnungseigentümer 1980, 60. Weitere Nachweise hierzu bei Deckert, a.a.O., Seite 27, Fußnote 20 a und BayObLG RPfleger 82, 278.
Soweit die Teilungserklärung Bodenbeläge als Sondereigentum aufführt, ist dies schon deshalb unerheblich, weil ein Estrich kein Bodenbelag ist. Im übrigen könnte die Teilungserklärung die Frage der Zugehörigkeit zum Sonder eigentum nicht entgegen den Bestimmungen des WEG regeln, denn § 5 WEG ist nicht abdingbar, Palandt-Bassenge, Anm. 1 zu § 5 WEG, Der schwimmende Estrich ist zwar nicht in Sinn des § 5 Abs. 2 WEG für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich, er kann aber nach § 5 Abs. 1 WEG nicht Gegenstand des Sondereigentums sein, weil er – auch – einen genügenden Schallschutz zu den angrenzenden Wohnungen anderer Eigentümer gewährleisten soll. Eine Entfernung oder Veränderung des schwimmenden Estrich durch den jeweiligen Wohnungseigentümer wäre nicht möglich, ohne daß andere Eigentümer damit in ihren Rechten beeinträchtigt würden. Die anderen Eigentümer sind nur verpflichtet, solche Nachteile hinzunehmen, die nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus gehen, § 14 Nr. 1 WEG. Eingriffe in eine schallschützende Baumaßnahme können den damit bezweckten Schallschutz verschlechtern und dem anderen Eigentümer eine mit der ursprünglichen Bauausführung vorgegebene Qualität des Wohnens nehmen. Diese Beeinträchtigung ginge aber über die aus dem üblichen geordneten Zusammenleben erwachsenden Störungen hinaus.
2. Für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum fehlt es den Klägern an der Aktivlegitimation. Obwohl Träger der Gewährleistungsansprüche aus dem Erwerbsvertrag, können sie doch nicht allein, sondern nur in der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und damit in der Bindung an deren Mehrheitsbeschlüsse entscheiden, ob wegen dieser Mängel ein Anspruch auf Schadensersatz verlangt werden soll, BGH NJW 79, 2207 = BGHZ 74, 258; BGHZ 81, 35; vgl. hierzu auch Deckert, ZfBR 84, 161 ff.
Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, daß die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ihrer Klage auf – anteiligen – Schadensersatz zugestimmt hätten, BGH NJV 83, 453. Eine Entscheidung der Gemeinschaft, daß wegen Schallschutzmängeln Schadensersatz verlangt werden solle, liegt nicht vor. Nach dem Beschluß der Eigentümerversammlung vom 11.7.1984 sollen Mängel am Gemeinschaftseigentum gemeinsam durchgesetzt werden, wobei in erster Linie Vorschuß für Mängelbeseitigung und nur hilfsweise Hinderung bzw. Schadensersatz verlangt werden solle. Die Gemeinschaft hat die weitere Entscheidung hierüber ihrem Prozeßbevollmächtigten übertragen. Die Kläger dieses Verfahrens treten auch in dem von der Gemeinschaft … auf des klagenseite auf.
Eine Zustimmung der Gemeinschaft zum Vorgehen der Kläger kann auch nicht aus dem Streitgegenstand der Klage der Eigentümergemeinschaft hergeleitet werden. Die Kläger meinen zu Unrecht, daß dort Trittschallmängel nicht eingeklagt wären. Der Klageantrag nimmt zur Bezeichnung der Mängel auf Positionsziffern eines Sachverständigengutachtens Bezug, Mangelnder Trittschallschutz ist Gegenstand dieses Gutachtens unter Ziffer 5.67, wobei es unerheblich ist, daß unter Umständen der Umfang der geltend gemachten Trittschallschutzmängel nicht zweifelsfrei bezeichnet ist. Die Klage...