Verfahrensgang

LG Passau (Entscheidung vom 04.11.2011; Aktenzeichen 1 O 1118/09)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Passau vom 4.11.2010, Az. 1 O 1118/09, wird zurückgewiesen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • II.

    Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

  • III.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

  • IV.

    Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche in Zusammenhang mit dem Verbot der Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten geltend.

Die Klägerin ist eine im EU-Ausland ansässige Anbieterin von Sportwetten, die für diese Veranstaltungen über eine Erlaubnis der Behörden in Gibraltar verfügt. Die Klägerin hat die von ihr veranstalteten und auch im Freistaat Bayern angebotenen Sportwetten über das Internet und über stationäre Wettshops vertrieben. Die Wettshops wurden von selbstständigen Geschäftsbesorgern geführt..

Ein solcher Geschäftsbesorger war Herr Theodor P., der seit Ende März 2005 unter anderem in P. einen Wettshop betrieben hat, der auch für die Klägerin Sportwetten vermittelte.

Die Beklagte zu 1 untersagte durch Verfügung vom 21.4.2005 dem Geschäftsbesorger die Vermittlung von Sportwetten und ordnete die sofortige Vollziehung der Untersagung nach § 80 Abs.2 Nr. 4 VwGO an. Die Beklagte zu 1 stützte ihre Untersagungsverfügung auf § 5 Abs.2 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (LottStV) sowie auf § 284 StGB und Art. 7 LStVG.

Auf den Widerspruch des Geschäftsbesorgers hob die Beklagte zu 1 mit Bescheid vom 4.8.2005 die Anordnung zur sofortigen Vollziehbarkeit auf, half im Übrigen dem Widerspruch aber nicht ab und legte den Vorgang der zuständigen Widerspruchsbehörde vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2006 wies die Regierung von Niederbayern den Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten zu 1 vom 21.4.2005 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung des Ausgangsbescheids wieder an.

Am 14.07.2006 erhob der Geschäftsbesorger Klage gegen die Beklagte zu 1 vor dem Verwaltungsgericht Regensburg und stellte mit einem am 05.07.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 14.07.2006 wieder herzustellen bzw. anzuordnen.

Mit Beschluss vom 22.8.2006 wies das Verwaltungsgericht Regensburg den Eilantrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.

Zum 01.10.2006 stellte der Geschäftsbesorger die Vermittlung von Sportwetten der Klägerin ein.

Mit Beschluss vom 1.12.2006 wies der bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde gegen die Abweisung seines Eilantrags zurück.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Die Untersagungsverfügung habe gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Dienstleistungsfreiheit, verstoßen. Das vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2006 ausdrücklich als verfassungswidrig qualifiziertes Sportwettenmonopol in Bayern stelle eine mit dem freien Dienstleistungsverkehr nicht zu vereinbarende Beschränkung dar, die auch nicht zu rechtfertigen sei. Dies sei durch mehrere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs bestätigt worden. Die Voraussetzungen eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs lägen vor.

Der Geschäftsbesorger hätte für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2006 einen Gewinn von EUR 15.000,-- bei Vermittlung der Sportwetten erwirtschaften können. Dieser Anspruch sei an die Klägerin abgetreten worden. Durch die Schließung des Wettshops sei der Klägerin ein Gewinn in gleicher Höhe entgangen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin EUR 30.000,-- zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt:

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1 hat vorgetragen:

Ein qualifizierter Verstoß gegen eine Gemeinschaftsrechtsnorm sei mangels eines "administrativen Unrechts" nicht gegeben. Nach damaliger Sicht habe sie auf der Basis des Bayerischen Staatslotteriegesetzes entscheiden müssen. Zahlreiche gerichtliche und obergerichtliche Entscheidungen hätten durchgehend die auf dem Bayerischen Staatslotteriegesetz vom 29.04.1999 basierenden Untersagungsverfügungen von Sportwetten bestätigt

Die Voraussetzungen eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs hinsichtlich des Zedenten seien nicht gegeben, da kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliege. Außerdem werde die Höhe des behaupteten Schadens bestritten.

Der Beklagte zu 2 hat vorgetragen:

Es liege aus keiner denkbaren Begründung ein gemeinschaftsrechtswidriges Verhalten vor, weder ein als "legislatives Unrecht" noch als "judikatives Unrecht" oder gar als "administratives Unrecht" zu identifizierendes zurechenbares Handeln oder zurechenbares Unterlas...

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