Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 03.12.2003; Aktenzeichen 3 O 43/03)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Traunstein vom 3.12.2003 wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung des Beklagten wird das Urteil des LG Traunstein vom 3.12.2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

1. Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Glatteisunfall vom 26.12.2000. Der Beklagte ist Träger des Kreiskrankenhauses P., in welchem die Klägerin als Krankenschwester beschäftigt ist. Sie wohnt im Schwesternwohnheim des Kreiskrankenhauses, ca. 500 m von diesem entfernt. Der Weg zwischen den Gebäuden ist allgemein zugängliche öffentliche Verkehrsfläche. Auf das Lagefoto (zu Bl. 118 d.A.) wird Bezug genommen.

Am 26.12.2000 hatte die Klägerin Frühschicht. Sie legte kurz vor 6.00 Uhr den Weg zum Krankenhaus zu Fuß zurück. Zu dieser Zeit herrschte stellenweise Glätte. Unmittelbar vor dem Krankenhausgebäude führen zwei Treppen von der Straße abwärts zum eigentlichen Eingang. Die erste Treppe mündet zunächst auf eine flache Terrasse; daran schließt sich eine zweite Treppe an, die in den Eingangsbereich des Krankenhauses führt. Auf die Lichtbilder (zu Bl. 108, 110 d.A.) wird zur Verdeutlichung hingewiesen. Bei dem genannten Treppenzugang handelt es sich um denjenigen, den jeder, der das Kreiskrankenhaus P. erreichen will, benutzen muss.

Am 26.12.2000 gegen 6.00 Uhr morgens waren noch keine Streumaßnahmen in diesem Bereich durchgeführt worden. Auf der ebenen Fläche zwischen den beiden Treppenabschnitten rutschte die Klägerin aus und verletzte sich. Die Klägerin ging erst am 15.2.2001 zum Arzt.

Ihrem Arbeitgeber teilte sie den Unfall erst mit Schreiben vom 12.7.2001 mit. Der Unfall der Klägerin wurde vom B. Gemeindeunfallversicherungsverband als Arbeitsunfall anerkannt.

2. Die Klägerin hat in erster Instanz behauptet, zu dem Sturz sei es gekommen, da der Beklagte seine Verkehrssicherungspflicht verletzt und das an der Unfallstelle befindliche Glatteis nicht beseitigt habe. Er habe überhaupt keine Streumaßnahmen im Eingangsbereich zum Krankenhaus ergriffen, wozu er aber nach den Umständen sowie der Art und Wichtigkeit des Verkehrsweges verpflichtet gewesen sei. Durch den Sturz habe die Klägerin eine Distorsion des rechten Mittelfußes mit Kapsel-Bandausriss am Os cunelforme erlitten. Für diesen Schaden und daraus folgende weitere Schäden und Beschwerden sei ihr der Beklagte zu Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet, wobei der Klägerin lediglich ein 50 %-iger Mitverschuldensanteil anzurechnen sei.

Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht nach § 104 Abs. 1 SGB VII ausgeschlossen, da der Unfall sich auf einem versicherten Weg nach § 8 Abs. 2, Nr. 1 SGB VII ereignet habe.

Verletzungsbedingt sei der Klägerin für den Zeitraum bis 31.10.2003 ein Verdienstausfallschaden i.H.v. 15.042,25 EUR entstanden, von dem der Beklagte unter Berücksichtigung des Mitverschuldensanteils 7.521,13 EUR zu ersetzen habe. Darüber hinaus sei unter Berücksichtigung des Mitverschuldensanteils ein Schmerzensgeld i.H.v. 4.000 EUR angemessen. Für mögliche künftige Schäden habe der Beklagte ebenfalls einzustehen.

Die Klägerin hat deshalb in erster Instanz beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Verdienstausfallschaden i.H.v. 7.521,13 EUR nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit 18.7.2003 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Hälfte des materiellen Schadens (für die Zeit nach dem 1.11.2003) sowie die Hälfte des künftigen immateriellen Schadens aus dem Unfall vom 26.12.2000 auf dem Zugangsweg zum Kreiskrankenhaus P. zu zahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

3. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit 18.7.2003 unter Berücksichtigung eines 50 %-igen Mitverschuldensanteils der Klägerin zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Seine Verkehrssicherungspflicht habe er nicht verletzt. Vor 6.00 Uhr bestünde keine Streupflicht. Streumaßnahmen seien zum konkreten Unfallzeitpunkt darüber hinaus auch sinnlos gewesen, da sie, solange - wie zur Unfallzeit - Niederschläge in Form von Eissprühregen anhielten, nichts bewirkt hätten. Zudem sei der Klägerin, der die Glätte auf dem Weg bewusst gewesen sei, ein ganz überwiegendes Mitverschulden anzurechnen. Im Übrigen sei, worauf schon die späte Meldung des Unfalls über ein halbes Jahr danach hindeute, zu bestreiten, dass die von der Klägerin behaupteten Verletzungen wie auch der Einkommensverlust unfallbed...

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