Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzleistung nach Forderungsübergang
Normenkette
BGB § 407 Abs. 1; SGB 10 § 116; RVO
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 14.09.2010; Aktenzeichen 17 O 16938/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin vom 22.10.2010 wird das Endurteil des LG München I vom 14.9.2010 (Az. 17 O 16938/09/) in Nr. I. und II. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 40.170,76 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.530,58 EUR jeweils nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 6.10.2009 zu bezahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherung Ansprüche aus übergegangenem Recht gem. § 116 SGB X i.V.m. einem Teilungsabkommen nach einem Verkehrsunfall des bei der Klägerin gesetzlich versicherten Geschädigten Karsten H. geltend, der sich am 26.8.1996 ereignete. Die Klägerin begehrt entsprechend dem zwischen den Parteien bestehenden Teilungsabkommen Ersatz von 50 % derjenigen Leistungen, die sie in der Zeit vom 1.1.2000 bis 30.3.2004 an den Geschädigten erbracht hat, das sind 40.170,76 EUR. Die Beklagte, die den kongruenten Schaden des Geschädigten auch in vorgenannter Höhe auch für vorgenannten Zeitraum an diesen bereits bezahlt hat, beruft sich für die Zeit bis 30.3.2004 auf die befreiende Wirkung ihrer Schadenersatzleistung an den Geschädigten gem. § 407 BGB. Die ab 1.4.2004 von der Klägerin an den Geschädigten erbrachten Leistungen hat die Beklagte an die Klägerin erstattet.
Am Unfalltag gegen 16.00 Uhr wurde Herr Karsten H. als Motorradfahrer beim Überholen einer bei der Beklagten versicherten landwirtschaftlichen Zugmaschine schwer verletzt, als diese nach links abbog. Der Geschädigte war angestellter Kfz- Monteur bei der Fa.F. Autohof in D. und zum Unfallzeitpunkt auf dem Weg von der Meisterschule nach Hause, wo er sich auf die Meisterprüfung vorbereitet hatte. Die Beklagte hatte seit Einsichtnahme in die Ermittlungsakten im April 1997 Kenntnis davon, dass sich der Unfall an einem Werktag gegen 16.00 Uhr ereignete, der Geschädigte nebenberuflich eine Meisterschule besuchte und kurz vor dem Abschluss der Meisterprüfung stand. Ein der Beklagten ebenfalls bekannter Fragebogen der Krankenkasse an den Geschädigten enthält unter dem Stichwort "Arbeitsunfall - Wegeunfall" keine Eintragungen (Anl. B 4 zur Klageerwiderung). Im Zuge der Abwicklung des Versicherungsfalles und der Abwicklung des Schadens ging der Beklagten mit Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Geschädigten vom 14.10.1999 im Oktober 1999 der Reha-Entlassungsbericht zu (Anl. K 12). Unter Ziff. 4. "Allgemeine Sozialanamnese" des Entlassungsberichts ist ausgeführt, dass sich der Unfall auf dem Weg zur Ausbildung ereignete. In Ziff. 5. ist darauf hingewiesen, dass sich der Geschädigte zum Unfallzeitpunkt in Vorbereitung zur Kfz-Meisterprüfung befand. In einem neurologischen Zusatzgutachten vom 23.3.2003 (Anl. K 15) ist auf S. 4 unter Unfallanamnese die Bemerkung enthalten, der Geschädigte sei auf dem Weg von der Schule nach Hause verunglückt. In einem weiteren medizinischen Gutachten, das der Beklagten von der LVA zur Verfügung gestellt wurde, ist auf S. 11 unter "4. Epikrise" nach dem Wort Motorradunfall in Klammerzusatz eingefügt "Wegeunfall" (Anl. B 5). Letzteres war Anlass für den Sachbearbeiter der Beklagten, mit Schreiben vom 30.3.2004 (Anl. B 6) die Bevollmächtigten des Geschädigten aufzufordern, zu prüfen, ob es sich "tatsächlich um einen Wegeunfall handelt". Nach Eingang der Unfallakte bei der Klägerin am 16.9.2004 erfolgte mit Bescheid vom 26.1.2006 (Anl. K 8) die Anerkennung als Arbeitsunfall gem. § 550 I RVO.
Die Klägerin hat die Beklagte vorgerichtlich erfolglos zur Begleichung der Klageforderung durch Anwaltsschreiben aufgefordert.
Die Klägerin meint, die Pflichtversicherung für Schüler ergebe sich aus dem Gesetz und beim Forderungsübergang und der Frage der Kenntnis des Schädigers hiervon bestehe kein Anlass für eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung.
Die Beklagte trägt vor, sie habe keine positive Kenntnis vom Vorliegen der Sozialversicherung zum Unfallzeitpunkt gehabt. Die Beklagte meint, es sei ihr nicht zuzumuten, sämtliche medizinischen Unterlagen auf Hinweise darauf durchzuforsten, ob sich daraus Anhaltspunkte für einen gesetzlichen Forderungsübergang ergäben, zumal in Fällen der vorliegenden Art anders als etwa bei der Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten der Versicherungsschutz nur ...