Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpflichtung zur Zahlung einer Urheberabgabe für Personalcomputer (PCs) mit und ohne eingebauten Brenner

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Höhe der nach § 54 Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG geschuldeten Gerätevergütung entspricht der Höhe des Schadens, den Urheber und Leistungsschutzberechtigte dadurch erleiden, dass das jeweilige Gerät als Typ ohne ihre Erlaubnis tatsächlich für nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG zulässige Vervielfältigungen genutzt wird. Zum Ausgleich dieses Schadens ist grundsätzlich die angemessene Vergütung zu zahlen, die die Nutzer hätten entrichten müssen, wenn sie die Erlaubnis für die Vervielfältigungen eingeholt hätten. Der Schaden, der den Urhebern durch die in § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG angeordnete Beschränkung ihres ausschließlichen Rechts entsteht, Vervielfältigungen ihrer Werke zu verbieten oder - gegen Zahlung einer Vergütung - zu gestatten, entspricht der Lizenzgebühr, die die Urheber für die Einräumung des Rechts zu den in § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG genannten Nutzungen ihrer Werke hätten erzielen können. (Rn. 123)

2. Die §§ 54 ff. UrhG sind mit Unions- und Verfassungsrecht vereinbar.(Rn. 133)

3. Der Umstand, dass ein PC mit eingebauter Festplatte einem gewerblichen Abnehmer überlassen wird, steht seiner Nutzung zu privaten Zwecken nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht entgegen. Vielmehr ist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht ausgeschlossen, dass solche Geräte auch im Arbeitsumfeld zur Anfertigung von Privatkopien genutzt werden. (Rn. 165)

 

Normenkette

UrhG § 53 Abs. 1-3, § 54 Abs. 1, § 54a

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.09.2020; Aktenzeichen I ZR 66/19)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 951.878,99 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 30.08.2011 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1,5 Millionen, hinsichtlich Ziffer 3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird beschränkt auf die Höhe der geltend gemachten Ansprüche zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert des Verfahrens wird auf EUR 1.109.129,12 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Urheberabgabe für Personalcomputer (PC's) mit und ohne eingebauten Brenner nach § 54, § 54a UrhG, die von der Beklagten im Zeitraum vom 01.01.2008 bis einschließlich 31.12.2010 im Inland in Verkehr gebracht wurden.

Bei der Klägerin handelt es sich um einen Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften, der ihre Gesellschafter das Inkasso der von ihnen wahrgenommenen Ansprüche der Urheber und Leistungsschutzberechtigten auf Zahlung einer Vergütung für Vervielfältigungen nach § 54a Abs. 1, § 54b Abs. 1 UrhG übertragen haben.

Die Beklagte hat die vorgenannten Produkte im Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2010 importiert bzw. hergestellt und in Deutschland in Verkehr gebracht.

Auf der Grundlage des von der Klägerin, der VG Wort und der VG Bild-Kunst mit dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) abgeschlossenen Gesamtvertrags zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß §§ 54 ff. UrhG für PCs für die Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2010 hat die Klägerin - die zunächst die Erteilung von Auskünften und Feststellung der Vergütungspflicht begehrte, die diesbezüglichen ursprünglichen Klageanträge zu 1. und 2. nebst Hilfsanträgen mit Schriftsatz vom 29.12.2017 (Bl. 435/515) teilweise für erledigt erklärt - nach erfolgter Auskunftserteilung (Anlagenkonvolut K 102) ihre Vergütungsansprüche betreffend den streitgegenständlichen Zeitraum (01.01.2008 bis 31.12.2010) mit insgesamt EUR 951.878,99 beziffert und dabei ihrer Berechnung folgende Vergütungssätze pro aus ihrer Sicht vergütungspflichtigem Gerät zugrunde gelegt (Bl. 444 d.A.):

I. Vergütung für PCs (mit Ausnahme von PCs gemäß folgender Ziffer II.)

1. Im Ausland hergestellte und im Sinne von § 54b UrhG nach Deutschland gewerblich eingeführte oder wieder eingeführte PCs

a. PCs mit eingebautem Brenner: EUR 15,0625 je Stück

b. PCs ohne eingebauten Brenner: EUR 13,1875 je Stück

2. In Deutschland hergestellte PCs

a. PCs, in die der Hersteller einen Brenner eingebaut hat, den er im Sinne von § 54b UrhG nach Deutschland gewerblich eingeführt oder wieder eingeführt hat: EUR 15,0625 je Stück

b. PCs, in die der Hersteller einen Brenner eingebaut hat, den er in Deutschland bezogen hat: EUR 13,1875 je Stück

c. PCs ohne eingebauten Brenner: EUR 13,1875 je Stück

II. Vergütung für PCs, die von den Herstellern/Importeuren direkt an gewerbliche Endabnehmer veräußert werden

1. Im Ausland hergestellte und im Sinne von § 54b UrhG nach Deutschland gewerblich eingeführte oder wieder eingeführte PCs

a. PCs mit eingebautem Brenner: EUR 5,875 je Stück

b. PCs ohne eingebauten Brenner: EUR 4,00 je Stück

2. In Deutschland hergestellte PCs

a. P...

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