Entscheidungsstichwort (Thema)
Trennungsunterhalt: Berücksichtigung einer von dem Unterhaltspflichtigen bereits während des ehelichen Zusammenlebens bezogenen Unfallrente. Verkürzung der Karenzzeit, in der der Unterhaltsberechtigte einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen muss
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Unfallrente, die von der Unterhaltspflichtigen bereits während des ehelichen Zusammenlebens bezogen wurde, ist als eheprägend in die Berechnung des Trennungsunterhalts einzubeziehen.
2. War der Unterhaltsberechtigte vor der Trennung drei Jahre als Hausmann tätig und wird das gemeinsame Kind nun von der Unterhaltsverpflichteten betreut, so ist die sonst übliche Karenzzeit, in der den Unterhaltsberechtigten keine Erwerbsobliegenheit trifft, von einem Jahr auf neun Monate zu verkürzen.
Normenkette
BGB § 1361 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Memmingen (Urteil vom 21.06.2006; Aktenzeichen 2 F 223/06) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des AG Memmingen vom 21.6.2006 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger folgenden Trennungsunterhalt zu zahlen:
a) Für den Zeitraum vom Januar 2006 bis einschließlich Juni 2006 Unterhaltsrückstände i.H.v. 1.500 EUR (i.W.: eintausendfünfhundert Euro);
b) ab Juli 2006 monatlich 1.018 EUR (i.W.: eintausendachtzehn Euro), fällig jeweils zum Monatsersten im Voraus.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/10, die Beklagte 9/10.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien sind seit 18.12.1996 verheiratet, leben aber seit September 2005 getrennt. Aus der Ehe ist die am 12.5.1997 geborene Tochter St. hervorgegangen. Das Kind lebt bei der Beklagten, die für den gesamten Unterhaltsbedarf des Kindes allein aufkommt.
Der Kläger, der seit seinem Auszug aus dem im Alleineigentum der Beklagten stehenden Haus über kein Erwerbseinkommen verfügt, verlangt von der Beklagten Trennungsunterhalt.
Das AG hat die Beklagte entsprechend dem Antrag des Klägers zur Zahlung von Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich 1.200 EUR ab 1.7.2006 sowie zur Zahlung von Unterhaltsrückständen i.H.v. 1.500 EUR für den Zeitraum von Januar 2006 bis Juni 2006 verurteilt.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie rügt, dass die von ihr bezogene Unfallrente i.H.v. monatlich 1.382 EUR vom AG in die Unterhaltsberechnung einbezogen worden sei, obgleich diese keine Lohnersatzfunktion, sondern Genugtuungsfunktion habe und höchstpersönlichen Charakter trage. Der Kläger habe im Übrigen zu arbeiten und "für seinen Unterhalt selbst Sorge zu tragen".
Die Beklagte beantragt, das Urteil des AG Memmingen vom 21.6.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Ersturteil und beruft sich darauf, dass ihn eine Erwerbsobliegenheit erst nach Ablauf eines Trennungsjahres treffe und er dieser erst nachkommen könne, "wenn er über das Werkzeug verfügt", das ihm seine Ehefrau vorenthalte.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Ersturteil, die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Sitzungsprotokoll der Berufungsverhandlung vom 17.10.2006 Bezug genommen.
II. Die Berufung ist nur zum Teil begründet und führt zur Abänderung des Ersturteils in dem sich aus der Entscheidungsformel ergebenden Umfang.
1. Einkommensverhältnisse der Beklagten:
Bei der Beklagten sind neben ihrem um die Altersvorsorge und um pauschale berufsbedingte Aufwendungen (5 %) geminderten Erwerbseinkommen i.H.v. 1.482 EUR (= 95 % aus (1.762 EUR -208 EUR)) unterhaltsrechtlich folgende Einkünfte zu berücksichtigen:
a) Die Unfallrente i.H.v. monatlich 1.382 EUR hat die Beklagte auch schon während des ehelichen Zusammenlebens bezogen. Die Unfallrente ist deshalb unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sie neben einer Lohnersatzfunktion auch eine Genugtuungsfunktion hat, als eheprägend in die Berechnung des Trennungsunterhalts einzubeziehen (BGH FamRZ 1998, 1503; SüdL Nr. 2.6). Einen finanziellen Mehrbedarf (vgl. BGH FamRZ 1981, 338) hat die Beklagte nicht dargelegt.
b) Die Beklagte hat aufgrund des Wohnens im eigenen Haus einen Wohnvorteil, dessen Ansatz i.H.v. monatlich 500 EUR in der Berufungsinstanz nicht mehr strittig war.
c) Die Beklagte hat in der Berufungsverhandlung am 17.10.2006 die Einkünfte aus ihrer schriftstellerischen Tätigkeit mit jährlich 1.500 EUR beziffert. Dies entspricht monatlichen Einkünften von 125 EUR.
d) Ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2006 hat die Beklagte bestätigt, für das von ihr erworbene Haus Eigenheimzulage zu beziehen. Diese beträgt nach dem Eigenheimzulagegesetz jährlich 2.050 EUR (= 1.250 EUR +800 EUR Baukindergeld) und entspricht somit monatlichen Einkünften von 171 EUR. Die Eigenheimzulage ist unterhaltsrechtliches Einkommen (SüdL Nr. 5).
e) Es ist zu beachten, dass bei der Berechnung des Trennungsunterhalts der Erwerbstätigenbonus von 10 % lediglich aus dem (im Hinblick auf den Kindesunterhalt) anteilig ge...