Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückbehaltungsrecht von Buchhaltungsunterlagen eines Steuerberaters bei Bestehen des Gegenleistungsanspruchs
Normenkette
RVG § 1 Abs. 1, § 3a; BGB § 273; BRAO § 50 Abs. 3 S. 1; StBerG § 66 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 22.07.2016; Aktenzeichen 42 O 2051/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Landshut vom 22.07.2016, Az. 42 O 2051/15, abgeändert und klarstellend neu gefasst wie folgt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, von dem am 17.12.2014 übergebenen Ordnerkonvolut, bestehend aus den vollständigen Buchhaltungsordnern der Jahre 01.01.2006 - 31.12.2013 (konkrete Beschreibung: dunkelblaue Leitz-Ordner, Größe A 4 breit, welche insbesondere alle Kontoauszüge nebst Rechnung für die vorzunehmenden Buchungen enthalten und für die einzelnen Konten und weitere Kategorien mit Registerblättern getrennt einsortiert sind; auf dem Rücken dieser Ordner ist vermerkt: "Bank, Buchungen vom... -..., Alexander A. zzgl. Adresse dieses") an den Kläger herauszugeben:
a) die vollständigen Buchhaltungsordner der Jahre 01.01.2006 bis 31.12.2008 ohne Gegenleistung,
b) die vollständigen Buchhaltungsordner der Jahre 01.01.2009 bis 31.12.2013 Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 10.680,34 EUR.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 5/8, die Beklagte 3/8.
IV. Dieses Urteil und das Urteil des LG, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde, sind vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Angabe der tatsächlichen Verhältnisse ist nicht erforderlich, weil gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel statthaft ist (§ 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1, § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO).
II. Die Berufung ist nur insoweit begründet, als der Beklagten an den Buchhaltungsunterlagen der Jahre 01.01.2006 bis 31.12.2008 kein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Hinsichtlich der Buchhaltungsunterlagen für die Jahre 2009 bis 2013 kann der Kläger Herausgabe nur Zug um Zug gegen Zahlung des Honorars der Beklagten verlangen, denn insoweit liegen ihm Zweitschriften der Bankbelege vor. Für die Entscheidung kommt es auf den Schriftsatz des Klägers vom 15.02.2017 nicht an.
1. Das LG hat zu Recht die Vergütungsvereinbarung als wirksam angesehen. Wie schon das LG angemerkt hat, ist § 3a RVG auf die Vergütungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten ohnehin nicht anwendbar, weil die Beklagte keine anwaltliche Tätigkeit i.S.d. § 1 Abs. 1 RVG ausübt. Auf Vergütungsansprüche der E. L + C Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, für die § 3a RVG gilt, kommt es hier nicht an.
2. Zutreffend hat das LG einen fälligen Gegenanspruch der Beklagten in Höhe von 10.680,34 EUR bejaht. Entgegen den Ausführungen des Berufungsklägers hat das LG den Honoraranspruch der Beklagten keineswegs als unstreitig angesehen. Das LG ist vielmehr - wie auf Seite 8 f. der angefochtenen Entscheidung eingehend dargestellt - aufgrund des mit Schreiben vom 11.5.2015 übermittelten Tätigkeitsnachweises zu der Überzeugung gelangt, dass die darin im einzelnen beschriebenen und mit dem jeweiligen Zeitaufwand aufgelisteten Tätigkeiten von der Beklagten erbracht worden sind. Das LG durfte dabei berücksichtigen, dass der Kläger konkrete Einwände nur zur Dauer der Telefonkonferenz am 15.12.2014 erhoben und sich im Übrigen darauf beschränkt hat, den Honoraranspruch der Beklagten pauschal und unsubstantiiert zu bestreiten.
3. Zu Recht hat das LG angenommen, dass der Anspruch des Klägers auf Herausgabe der streitgegenständlichen Unterlagen und der Honoraranspruch der Beklagten auf demselben rechtlichen Verhältnis i.S.d. § 273 BGB beruhen. Gegenstand des Auftrags war die Beratung und Begleitung des Auftraggebers mit dem Ziel, das Schuldverhältnis bei der L. Bank eG möglichst einvernehmlich zu regeln. Die streitgegenständlichen Unterlagen hat der Kläger am 16.12.2014 der Beklagten überbracht, damit diese zu Unrecht berechnete Zinsen und Überziehungszinsen ermitteln konnte (vgl. Klageschrift S. 4). Die Unterlagen wurden folglich der Beklagten aufgrund des im Mai 2014 erteilten Auftrags ausgehändigt. Sowohl der Anspruch des Klägers auf Herausgabe dieser Unterlagen als auch der Anspruch der Beklagten auf Zahlung des vereinbarten Honorars haben ihre Grundlage in dem Auftragsverhältnis gemäß Vereinbarung vom Mai 2014. Dass eine Auswertung der übergebenen Unterlagen durch die Beklagte nicht mehr erfolgt ist, ändert nichts daran, dass die gegenseitigen Ansprüche auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen.
Das Auftragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten stellt kein Dauermandat wie das eines ständigen Steuerberaters dar, der über Jahre hinweg für seinen Auftraggeber die laufende Beratung in steuerlichen Angelegenheiten, die Erledigung der Buchhaltung und die Fertigung der Bilanz wahrnimmt. Der Auftrag, den der Kläger der Beklagten erteilt h...