Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflichten des Betreibers einer Snowtubing-Anlage
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betreiber einer Snowtubing-Anlage ist verpflichtet, bei Planung, Konstruktion, Bau und Betrieb alle technisch und wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen auszuschöpfen, um den Benutzer den höchst möglichen Sicherheitsstandard zu bieten. Eine gänzlich gefahrenfreie Benutzung garantiert er jedoch nicht.
2. Die Beweislast dafür, dass eine Snowtubing-Anlage nicht dem gebotenen Sicherheitsstandard entsprach, trägt der Anspruchsteller. Der Umstand, dass sich dieser im Rahmen der Nutzung der Bahn verletzt hat, indiziert noch keine Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht seitens des Betreibers. Auch die Tatsache, dass sich die Verhältnisse der Naturanlage im Nachhinein nicht originalgetreu rekonstruieren lassen, und für ein Sachverständigengutachten als Anknüpfungsdaten nur Lichtbilder und einige Daten der Bahn (Länge, Verlauf und Gefälle) zur Verfügung stehen, rechtfertigt keine Abweichung von den allgemeinen Beweislastregeln.
Normenkette
BGB § 823
Verfahrensgang
LG München II (Entscheidung vom 19.06.2008; Aktenzeichen 5 O 4431/07) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 19.6.2008 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung des Urteils durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Schadenersatzansprüche aufgrund eines Sturzes auf einer Snowtubing-Anlage geltend.
Die Beklagte betreibt eine gemeindeeigene Snowtubing-Anlage. Die Bahn ist ca. 300 m lang und weist einen Höhenunterschied von etwa 30 Metern auf. Vor dem streitgegenständlichen Vorfall wurde die Bahn zuletzt am 27.01.2007 mit dem Pistenbully aufgefräst und präpariert, wobei die Bahn so angelegt wurde, dass ein weitläufiger Auslauf im unteren Bereich der Bahn bestand. Die Multi Snowtubes (Reifen) und der Schlepplift entsprachen den einschlägigen Sicherheitsvorschriften und DIN-Normen. Der Schlepplift wurde zuletzt am 10.02.2006 vom TÜV Süddeutschland abgenommen.
Am 30.01.2007 besuchte der Kläger als Aufsichtsperson im Rahmen eines Schulausfluges mit Schülern die Snowtubing-Anlage, die an diesem Tag weitestgehend mit Kunstschnee präpariert worden war.
Der Kläger wurde nach seiner Darstellung bei seiner ersten Fahrt gegen 11.10 Uhr gleich in der ersten Rechtskurve der Snowtubing-Bahn auf den linksseitigen Schneewall gedrückt, in die Höhe gehoben und stürzte anschließend mit den Füßen voraus mit einiger Geschwindigkeit wieder auf die Bahn.
Der Kläger zog sich bei dem Unfall Verletzungen zu.
Am 7.02.2007 wurde nach einer MRT im Klinikum rechts der Isar in München ein Sehnenabriss (Bizepssehnenruptur) im rechten Knie festgestellt. Der Kläger wurde anschließend operiert und am 15.02.2007 aus der Klinik entlassen.
Nach einer sechswöchigen Ruhepause zu Hause in Verbindung mit krankengymnastischen Übungen und ambulanten Untersuchungen folgte vom 27.03.-26.04.2007 eine Anschlussheilbehandlung in der Reha-Klinik B. W.. Dort erlitt der Kläger bei einer Übung am 24.04.2007 eine Kreuzbandteilruptur des linken Kniegelenks mit Ruptur der Gelenkkapsel, die am 27.04.2007 eine Operation am linken Knie erforderlich machte.
Der Kläger hat vor dem Landgericht vorgetragen:
Der verwendete Kunstschnee sei besonders schnell, gefährlich und hart, während normaler Schnee im Gegensatz zu Kunstschnee viel weicher und ungefährlicher sei. Der begrenzende Schneewall sei an der Stelle, an der er gestürzt sei, viel zu steil und zu hart und wegen des natürlichen Schattens dort vereist gewesen. Auch einige seiner Schüler seien an derselben Stelle gestürzt, hätten sich allerdings bis auf eine Schülerin, die Prellungen und Hämatome am Gesicht erlitten habe, nicht nennenswert verletzt. Die Schüler hätten sich dabei nicht bestimmungswidrig verhalten. Der Fahrgast sei beim Snowtubing völlig hilflos und habe keinerlei Kontrolle über das Sportgerät; zudem sei ein Höhenunterschied von ca. 30 m kein geringes Gefälle mehr. Die Beklagte als Betreiberin der Anlage müsse für einen gefahrlosen Betrieb sorgen und die Anlage so gestalten, dass sie hundertprozentig sicher sei und Verletzungen überhaupt ausgeschlossen seien. Die Bahn selbst sei auch nicht vom TÜV abgenommen worden und entspreche nicht den einschlägigen Normen. Weder das Personal der Beklagten habe auf die etwaige Gefährlichkeit der Benutzung der Anlage hingewiesen noch habe es schriftliche Warnhinweise u.a. bezüglich einer Altersbeschränkung, etwa in der Art, dass Snowtuben nur bis zu einer bestimmten Körpergröße oder Alter erlaubt sei, gegeben. Die Beklagte habe ferner die Snowtubing-Bahn als vollkommen ungefährlich und als "Mordsgaudi" im Internet beworben. Ein Mitverschulden des Kläg...