Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 30.03.2010; Aktenzeichen 23 O 18672/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 30.03.2010 abgeändert.
Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus diesem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 45.000,-- €.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten weitere Versicherungsleistungen wegen eines Sturmschadens vom 01.03.2008, bei dem 79 Fahrzeuge der Klägerin beschädigt wurden.
Die Beklagte hat an die Klägerin 205.000,-- € geleistet. Von der Entschädigungsgrenze für alle Schäden aufgrund eines Elementarereignisses von 250.000,-- € hat sie den vereinbarten Selbstbehalt von 45.000,-- € abgezogen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Entschädigungsleistung nicht um den Selbstbehalt gekürzt werden könne. Die Beklagte sei zu Leistungen bis zur vereinbarten Entschädigungsgrenze verpflichtet. Zunächst sei vom Gesamtschaden von insgesamt 446.938,85 € der Selbstbehalt von 45.000,-- € abzuziehen. Wegen der Entschädigungsgrenze von 250.000,-- € sei die Versicherungsleistung auf diesen Betrag begrenzt. Wollte man, wie die Beklagte meint, den Selbstbehalt von dem als Entschädigungsgrenze vereinbarten Betrag noch abziehen, könnte eine Entschädigungsleistung in Höhe der vereinbarten Entschädigungsgrenze von 250.000,-- € von vorneherein nie erreicht werden. Die zwischen den Parteien streitige Frage werde in der Literatur kontrovers beurteilt. Die vertraglichen Bedingungen seien hierzu nicht eindeutig. Auf dem maßgeblichen Versicherungsschein (Anlage K 1) finde sich hierzu keinerlei Regelung. Die Beklagte sei selbst davon ausgegangen, dass die Regelung unklar sei. Sie habe in den Versicherungsscheinen für das folgende Jahr 2009 (Anlage K 83) zur Klarstellung ausdrücklich folgende Regelung aufgenommen:
"Übersteigt die Gesamtentschädigung für alle versicherten Fahrzeuge zusammen die vereinbarte Versicherungssumme für Elementarschäden, ist die Leistungsgrenze die um den vereinbarten Selbstbehalt verminderte Versicherungssumme." Das Landgericht München I hat durch Urteil vom 30.03.2010 der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 45.000,-- € nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Wegen der weiter geltend gemachten Rechtsanwaltskosten wurde die Klage abgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt: Nach dem Kommentar von Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., U I 13 sei in einem solchen Fall zuerst der Selbstbehalt und dann die Entschädigungsgrenze zu berücksichtigen (ebenso: Berliner Kommentar/Schauer, § 56 VVG, Rn. 28), weil der Versicherer, hätte er vereinbaren wollen, den Selbstbehalt nach Berücksichtigung der Entschädigungsgrenze von der Entschädigung abzuziehen, dies hätte ausdrücklich regeln müssen. Die Klausel, dass bei kumulativen Schäden, wenn durch ein und dasselbe Elementarereignis mehrere Fahrzeuge beschädigt werden, der Selbstbehalt grundsätzlich 15 % von "der ermittelten Entschädigungsleistung" betrage, sei unklar. Denn die Entschädigungsleistung müsse auch ermittelt werden, um feststellen zu können, ob die Entschädigungsgrenze erreicht oder überschritten werde. Ob dann zuerst der Selbstbehalt oder zuerst die Entschädigungsgrenze berücksichtigt werden solle, lasse die Formulierung offen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts München I vom 30.03.2010 Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil.
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die im Nachtrag zum Versicherungsschein (Anlage K 1) wiedergegebene Vereinbarung zum Selbstbehalt sei individuell ausgehandelt worden. Gleiches gelte für die in der Deklaration über versicherte Gefahren, Entschädigungsgrenzen und Selbstbehalte enthaltene Regelung (Anlage K 2), die dem Versicherungsschein als Anlage beigefügt sei. Es handle sich nicht um allgemeine Geschäftsbedingungen. Die Regelung sei auch nicht unklar. Für die Klägerin konnte kein Zweifel bestehen, dass aufgrund des vereinbarten Selbstbehalts die vertraglich vereinbarte Entschädigungsgrenze nicht erreicht werden könne. Begriffe wie "Entschädigungsleistung" und "Schadensersatzleistung" würden den Teil des Schadens, der vertragsgemäß zu ersetzen sei, bezeichnen, keinesfalls den eingetretenen Gesamtschaden. Andernfalls hätte der Gesamtschaden als Bezugsgröße benannt werden müssen. Im Übrigen sei es in der Fahrzeugversicherung selbstverständlich, dass von der bedingungsgemäß vom Versicherer zu leistenden Entschädigung die vereinbarte Selbstbeteiligung in Abzug gebracht werde. Die j...