Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung, Gesamtvertrag, Beteiligung, Zustellung, Widerspruch, Unterlassung, Unternehmen, Zwangsvollstreckung, Rechtskraft, Unwirksamkeit, Anlage, Verfahren, Vereinbarung, Einrede, Kosten des Rechtsstreits, Eintritt der Rechtskraft, analoge Anwendung
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 2.279.304,25 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.04.2014 zu zahlen, mit der Maßgabe, dass sich mit Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils der Betrag der Verurteilung in der Hauptsache um 20% auf EUR 1.823.443,40 reduziert.
2. Im Übrigen werden die Klage und Widerklage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 86 Prozent und die Beklagte 14 Prozent zu zahlen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte nach den §§ 54 ff. UrhG Vergütungsansprüche für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf eine externe Festplatte für die Jahre 2008 bis 2011, für TV-Receiver mit eingebauter Festplatte für die Jahre 2010 und 2011 und für TV-Geräte mit eingebauter Festplatte für das Jahr 2011 geltend.
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss der deutschen Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Vergütungsansprüche wegen nach § 53 Abs. 1 oder Abs. 2 UrhG erlaubter Vervielfältigungen gemäß § 54 UrhG geltend machen können.
Die Beklagte ist ein inländisches Unternehmen, das sich mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von Unterhaltungselektronik befasst.
Die Beklagte hat im Zeitraum
- vom 01.01. bis zum 31.12.2008 13.269 Stück,
- vom 01.01. bis zum 31.12.2009 83.375 Stück,
- vom 01.01. bis zum 31.12.2010 280.310 Stück und
- vom 01.01. bis zum 31.12.2011 257.107 Stück
von ihr importierte TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf externe Festplatte in Deutschland veräußert bzw. in Verkehr gebracht.
Die Beklagte hat weiterhin im Zeitraum
- vom 01.01.2010 bis zum 31.03.2011 72.623 Stück und
- vom 01.04.2011 bis zum 31.12.2011 37.645 Stück
von ihr importierte TV-Receiver mit eingebauter Festplatte in Deutschland veräußert bzw. in Verkehr gebracht.
Die Beklagte hat außerdem im Zeitraum vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2011 13.626 Stück von ihr importierte TV-Geräte mit eingebauter Festplatte in Deutschland veräußert bzw. in Verkehr gebracht.
Die Klägerin hat im Jahr 2011 zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion für die Jahre 2008 und 2009 gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 b UrhWG die Schiedsstelle angerufen (Az.: Sch-Urh 74/11). Wegen der weiteren streitgegenständlichen Ansprüche für die Jahre 2010 und 2011 hat sie im Jahr 2012 die Schiedsstelle angerufen (Az.: Sch-Urh 59/12). Nach Verbindung dieser beiden Verfahren hat die Schiedsstelle mit Datum vom 12.09.2013 einen Einigungsvorschlag erlassen (Anlage K 1), gegen den beide Parteien Widerspruch eingelegt haben. Die Klägerin hat nach Zustellung des Einigungsvorschlags am 16.09.2013 mit Klageschrift vom 14.03.2014 Klage erhoben, zugestellt an die Beklagte am 01.04.2014, und dabei ursprünglich einen Zahlungsbetrag in Höhe von 13.327.052,23 EUR zuzüglich Zinsen geltend gemacht, sowie für den Fall einer erforderlichen Differenzierung zwischen der Überlassung der Geräte an private und an nicht-private Endabnehmer verschiedene Hilfsanträge gestellt (vgl. Seiten 3 bis 7 der Klageschrift vom 14.03.2014).
Die Klägerin hatte der geltend gemachten Vergütungshöhe zunächst den im Bundesanzeiger vom 28.07.2011 veröffentlichten Tarif für die streitgegenständlichen Produkte zugrunde gelegt, nämlich jeweils 13,00 EUR für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf externe Festplatte und jeweils 34,00 EUR auf TV-Receiver und TV-Geräte mit eingebauter Festplatte (vgl. Rechnungen Anlagen K 2, K 4, K 6, K 8 und K 10).
Im Mai 2019 haben die Klägerin, die VG Wort und die VG Bild-Kunst mit dem B.k. e.V. und dem ZVEI e. V. jeweils einen inhaltsgleichen "Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß §§ 54 ff. UrhG für Produkte der Unterhaltungselektronik für die Zeit ab dem 01.01.2008" geschlossen, der auch die verfahrensgegenständlichen Geräte umfasst. Auf dieser Grundlage haben die Klägerin und die Verwertungsgesellschaften VG Wort und VG Bild-Kunst einen gemeinsamen Tarif vom 03.05.2019 aufgestellt (vgl. Anlage B 9), der im Bundesanzeiger vom 07.05.2019 veröffentlicht wurde. Mit Veröffentlichung dieses Tarifs wurde der Tarif für Produkte der Unterhaltungselektronik vom 28.07.2011 aufgehoben.
Die Klägerin macht nunmehr auf der Grundlage dieses Tarifs vom 03.05.2019 Vergütungsansprüche in Höhe von 1,25 EUR für TV-Receiver ohne eingebaute Festplatte, aber mit Aufzeichnungsfunktion auf externe Festplatte und in Höhe von jeweils 12,00 EUR für TV-Receiver u...