Verfahrensgang
LG Deggendorf (Entscheidung vom 19.10.2011; Aktenzeichen 21 O 153/11) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten vom 08.11.2011 gegen das Endurteil des LG Deggendorf vom 19.10.2011 (Az. 21 O 153/11) wird zurückgewiesen.
2. Das Urteil des Landgerichts Deggendorf ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Kosten der Nebenintervention tragen die Nebenintervenienten.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
B. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
I. Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz von 75 % des ihm durch den Verkehrsunfall entstandenen Schadens bejaht.
1. Zum Haftungsgrund:
Die in zweiter Instanz durchgeführte ergänzende Beweisaufnahme hat das Ergebnis erster Instanz bestätigt.
a) Vorliegend kam es zwischen dem VW Lupo des Klägers und dem vom Beklagten geführten Radlader zu keiner Berührung. Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 I StVG umfasst daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist (vgl. BGHZ 105, 65 [66]; 107, 359 [366]; 115, 84 [86] und VersR 2005, 566 [567]). Ob dies der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden (vgl. BGHZ 71, 212 [214]; 115, 84 [86] und VersR 2005, 566 [567]).
Für eine Zurechnung zur Betriebsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. BGHZ 37, 311 [317 f.]; 58, 162 [165]; VersR 1972, 1074 f.; 1973, 83 f. und 2004, 529 [531]).
Hiernach rechtfertigt die Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle allein zwar noch nicht die Annahme, der Unfall sei bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs entstanden. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fahrweise oder der Betrieb dieses Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat (vgl. BGH VersR 1969, 58 [59]; 1972, 1074 f.; 1973, 83 f.; 1988, 641). Andererseits hängt die Haftung gemäß § 7 StVG nicht davon ab, ob sich der Führer des im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs verkehrswidrig verhalten hat (vgl. BGH VersR 1971, 1060 [1061]; 1971, 1063 [1064]; 1973, 83 f.), und auch nicht davon, dass es zu einer Kollision der Fahrzeuge gekommen ist (vgl. BGH VersR 1986, 1231 [1232] und 1988, 641). Ein Schaden kann auch auf die Betriebsgefahr eines Kfz zurückgeführt werden, wenn es zu keiner Berührung mit ihm gekommen ist (BGH NJW 05, 2081; NJW 88, 2802). Nicht "durch" den Betrieb, sondern "bei dem Betrieb" heißt es in § 7 Abs. 1 StVG. Auch für den im Rahmen des § 7 StVG notwendigen Kausalzusammenhang zwischen "dem Betrieb" und dem Schaden genügt eine psychisch vermittelte Kausalität (eingehend dazu Medicus, JuS 05, 289).
Diese weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" entspricht dem weiten Schutzzweck des § 7 I StVG und findet darin ihre innere Rechtfertigung.
Die Haftung nach § 7 I StVG ist sozusagen der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kfz - erlaubterweise - eine Gefahrenquelle eröffnet wird, und will daher alle durch den Kfz - Verkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kfz entstanden, wenn sich von einem Kfz ausgehende Gefahren ausgewirkt haben (vgl. BGH VersR 1988, 641).
Das notwendige Korrektiv für eine sachgerechte Haftungsbegrenzung ist in den §§ 9, 17, 18 I 2, III StVG enthalten. Nach diesen Vorschriften können die jeweiligen Verursachungsbeiträge sowie ein etwaiges Verschulden berücksichtigt werden, so dass der Schaden angemessen verteilt und gegebenenfalls sogar die Haftung einem Kraftfahrer allein auferlegt werden kann (BGH VersR 2005, 992) b) Der Geschädigte hat den erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Betrieb des Radladers und seinem Schaden bewiesen (KG DAR 02, 265).
Der Senat ist auf Grund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte unter Verstoß gegen § 10 S. 1 StVO aus dem Betriebsgrundstück in die D.straße dergestalt eingefahren ist, dass die abgesenkte Schaufel zumindest einen halben Meter in die Fahrbahn ragte, was für den aus Sicht des Beklagten auf der D.straße von links mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h - 50 km/h herannahenden Zeugen S. Anlass war, mit seinem Transporter nach links auf die für den Gegenve...