Leitsatz (amtlich)
Zur Frage in wieweit nach anerkannter Berufsunfähigkeit im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens die Aufnahme einer konkreten Tätigkeit berücksichtigt werden kann, die nur aufgrund einer inzwischen erfolgten Umschulung ausgeübt werden kann.
Verfahrensgang
LG Augsburg (Urteil vom 02.10.2014; Aktenzeichen 091 O 671/14) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Augsburg vom 02.10.2014, Az. 091 O 671/14, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG Augsburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
Der Kläger macht nach Leistungseinstellung der Beklagten zum 31.12.2013 weitere monatliche Zahlungsansprüche wegen Berufsunfähigkeit aus seiner Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeitsvorsorge (aus dem Jahr 2003) geltend.
Der Kläger war bis zu seinem Unfall am 18.2.2008 als Service-Mechaniker für Druckmaschinen bzw. Maschinenschlosser tätig.
Die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 7.1.2009 mit Wirkung ab 1.3.2008 anerkannt (Anlage K 4).
Nach erfolgreicher Umschulung des Klägers zum Maschinenbautechniker und Aufnahme einer konkreten Vollzeit-Tätigkeit als Konstruktionstechniker im April 2011 leitete die Beklagte das in § 7 der Besonderen Bedingungen für die Bausteine zur Berufsunfähigkeitsvorsorge (künftig: BB-BU, Anlage K 3) vorgesehene Nachprüfungsverfahren ein mit der Folge einer Leistungseinstellung gemäß Schreiben vom 14.11.2013 im Hinblick auf den neuen Beruf des Klägers (Anlage K 6).
Die Parteien streiten darüber, ob die zweifelsfrei nur aufgrund der Umschulung bzw. Weiterbildung mögliche neue berufliche Tätigkeit des Klägers von der Beklagten im Nachprüfungsverfahren zum Nachteil des Klägers berücksichtigt werden durfte.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf das Ersturteil des LG Augsburg vom 2.10.2014 Bezug genommen. Änderungen haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben.
Das LG hat die Klage abgewiesen, da es der Ansicht war, dass die Beklagte den Kläger nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen trotz der vorangegangenen notwendigen Umschulung auf seine neue Tätigkeit, die unstreitig seiner Lebensstellung bis zum 1.3.2008 entspricht, verweisen durfte.
In § 7 Abs. 1 Satz 2 BB-BU sei klar und unmissverständlich geregelt, dass die Beklagte das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und die Ausübung einer anderen Tätigkeit i.S. von § 2 Abs. 1 BB-BU erneut prüfen dürfe. Bei der dortigen Definition der Berufsunfähigkeit sei gerade nicht auf die Kenntnisse und Fähigkeiten im Hinblick auf eine Verweisungstätigkeit abgestellt worden, sondern eindeutig (nur) auf die Tatsache der Ausübung einer Tätigkeit, die der bisherigen Lebensstellung entspricht.
Die von der Klagepartei zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere die Urteile vom 13.5.1987, Az. IV a ZR 8/86, und vom 7.2.2007, Az. IV ZR 244/03, stünden diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen, da die entscheidungserheblichen Vertragsbedingungen nicht vergleichbar gewesen seien.
Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13.5.1987 - insbesondere im Hinblick auf § 5 AGBG - verlangt, dass die Regelungen zu Änderungsmöglichkeiten im Nachprüfungsverfahren ausreichend klar sein müssten.
Dies sei hier jedoch der Fall.
Mit seiner Berufung rügt der Kläger eine fehlerhafte Auslegung von § 7 Abs. 1 BB-BU durch das Erstgericht.
Da der Kläger nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Fall der bedingungsgemäßen Unfähigkeit, den zuletzt ausgeübten Beruf weiter auszuüben, grundsätzlich nicht zur Teilnahme an Umschulungsmaßnahmen bzw. zum anderweitigen Erwerb neuer Fähigkeiten verpflichtet sei, könne ihm ein neuer Beruf, den er unstreitig nur aufgrund von Umschulungsmaßnahmen erlangen konnte, nicht als Verweisungsberuf entgegengehalten werden.
Verweisungsberuf im Sinne der verfahrensgegenständlichen Vertragsbedingungen könne - auch wenn dies so nicht wörtlich zum Ausdruck gebracht sei - nur ein Beruf sein, den der Versicherte aufgrund seiner bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit erlangten Ausbildung und Erfahrung ausüben könne. Dieses Kriterium sei in dem Erfordernis einer Vergleichbarkeit der Lebensstellung mit beinhaltet.
Der Kläger beantragt:
1) Das Urteil des LG Augsburg vom 2.10.2014 - 091 O 671/14 - wird aufgehoben.
2) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger monatlich im Voraus ab 01.03.2014 eine Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung 24034114588490 in Höhe von EUR 860,46, längstens bis 31.10.2031, zu zahlen und den Kläger innerhalb dieses Zeitraumes von der Beitragszahlungsverpflichtung zu befreien.
3) Es ...