Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansprüche des Auftragnehmers nach Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat der Unternehmer eine Gewährleistungsbürgschaft gestellt, um die Auszahlung des Gewährleistungseinbehalts zu erreichen, unterbleibt diese aber, so steht ihm nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Auftraggebers ein Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde zu.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 17.11.2008; Aktenzeichen 10 HKO 9115/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 17.11.2008 - 10 HKO 9115/08, dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, das Original der Bürgschaftsurkunde der Bürgschaft mit der Nummer ...83/S der R. Versicherung AG, lautend auf einen Betrag in Höhe von 39.089,27 Euro an die Klägerin herauszugeben. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des ersten Rechtszugs trägt die Klägerin 75 % und der Beklagte 25 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte allein zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 13.029,75 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten als Insolvenzverwalter der Firma U.T.S. GmbH die Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaft. Die Bürgschaft hatte sie der Gemeinschuldnerin zur Ablösung eines Sicherheitseinbehalts übergeben.

Anstelle eines Tatbestandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin nur noch das erstinstanzlich hilfsweise verfolgte Ziel der Herausgabe der im Besitz des Beklagten befindlichen Bürgschaftsurkunde weiter. Das als Hauptantrag geltend gemachte Zahlungsbegehren wird im Berufungsverfahren nicht weiter verfolgt. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass das Landgericht zu Unrecht den geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe der im Besitz des Beklagten befindlichen Originalbürgschaftsurkunde abgelehnt habe. Der Verweis des Landgerichts auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts München (NJW-RR 1998, 992) könne nicht dazu führen, dass der Klägerin lediglich ein Feststellungsurteil zugestanden werden könne, dass der Beklagte keine Rechte mehr aus der streitgegenständlichen Bürgschaft herleiten könne. Die zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts München basiere noch auf der damaligen Konkursordnung. Es sei nicht ersichtlich, warum der Beklagte im Besitz des Originals der Bürgschaft bleiben solle. Dies sei auch mit den praktischen Gegebenheiten nicht zu vereinbaren. Zumal potentiell die Möglichkeit bestehe, das Original der Urkunde missbräuchlich zu verwenden. Das vertragswidrige Verhalten der Gemeinschuldnerin bzw. des Beklagten als Insolvenzverwalter könne nicht dazu führen, dass auch nach der Interessenlage vorrangige Ansprüche der Klägerin bzw. der R. Versicherung nicht ausreichend beachtet würden. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die mittels Urkunde abgegebene Bürgschaftserklärung erst erlösche, soweit das Original dieser Urkunde sicher bei der Bürgin wieder eingegangen sei. Auch seien die bei der Klägerin anfallenden Avalkosten zu berücksichtigen, so dass der Beklagte schon als Schadensminderungsgründen die Urkunde zurückzugeben habe. Ferner verweist die Klägerin u.a. auf das einen Herausgabeanspruch bejahende Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg in BauR 2000, 280.

Die Klägerin ist der Meinung, dass dem Beklagten die Kosten beider Instanzen aufzuerlegen seien. Der Beklagte allein habe den Anlass zur Klage gesetzt mit der Behauptung, dass die streitgegenständliche Urkunde an einen Dritten veräußert worden sei. Dies habe zum Zeitpunkt der Klageerhebung nur den Schluss zugelassen, dass die Veräußerung nicht unentgeltlich erfolgt sei.

Ferner sei bei der Streitwertbemessung der Anspruch auf Herausgabe der Urkunde mit dem vollen - in der Urkunde angegebenen - Wert der Hauptschuld, zumindest aber mit 1/2 anzusetzenden und nicht lediglich mit 1/3.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 17.11.2008 - 10 HKO 9115/08 wird aufgehoben und der Beklagte verurteilt, das Original der Bürgschaftsurkunde der Bürgschaft mit der Nummer ...83/S der R. Versicherung AG, lautend auf einen Betrag in Höhe von 39.089,27 Euro an die Klägerin, hilfsweise an die R. Versicherung AG, herauszugeben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 06.02.2009 (Bl. 62/68 d.A.) und den Schriftsatz der Klägerin vom 08.06.2...

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