Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Schenkungsanfechtung bei Zahlung zur Abwehr der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil gegen die Muttergesellschaft

 

Normenkette

InsO § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 13.01.2014; Aktenzeichen 28 O 18652/12)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.09.2015; Aktenzeichen IX ZR 220/14)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des LG München I vom 13.1.2014 - 28 O 18652/12, dahingehend abgeändert, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten zu 2) durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

5. Der Wert der Berufung beträgt EUR 77.699,92.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Verwalter in dem am 22.12.2010 beantragten und am 1.3.2011 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der s.c. GmbH, nachfolgend Schuldnerin (Anlage LR-1). Im Wege der Anfechtung verlangt er zwei Zahlungen der Schuldnerin über EUR 20.000 am 10.8.2010 und über EUR 57.699,92 am 23.8.2010 zurück, die die Schuldnerin an die gegen ihre Muttergesellschaft s. AG im Auftrag der Beklagten zu 2) vollstreckende Gerichtsvollzieherin erbracht hat.

Grundlage der Zwangsvollstreckung war ein von der Beklagten zu 2) erwirktes und gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbares Vorbehaltsurteil des LG München I vom 26.4.2010 - 14 HKO 11785/09, gegen die s. AG auf Zahlung von EUR 75.000 zzgl. Zinsen und vorgerichtlicher Kosten, wobei die Entscheidung über eine Aufrechnungsforderung der s. AG i.H.v. EUR 204.283,74 wegen etwaiger Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte zu 2) vorbehalten blieb (Anlagen LR-17 und BK 1). Am 8.7.2010 zahlte die Beklagte zu 2) den Betrag von EUR 93.239,90 als Sicherheitsleistung bei der Hinterlegungsstelle gemäß Annahmeanordnung (Anlage BK 2 und zum Protokoll vom 29.7.2014) ein und beauftragte die Gerichtsvollzieherin Tanja R. mit der Zwangsvollstreckung des Betrages von EUR 77.699,92 aus diesem von der s. AG zwischenzeitlich mit Berufung angegriffenen Urteil. Die Gerichtsvollzieherin stellte den Hinterlegungsschein am 28.7.2010 in beglaubigter Abschrift der s. AG zu (Anlage zum Protokoll vom 29.7.2014) und forderte am 30.7.2010 die s. AG zur Zahlung bis 13.8.2010 an sich auf (Anlagenkonvolut LR-3). Die Schuldnerin überwies daraufhin von ihrem eigenen Geschäftskonto Nr ... 400 00 bei der C. bank D. am 10.8.2010 EUR 20.000 und am 23.8.2010 EUR 57.699,92 jeweils unter Angabe deren Aktenzeichens DR II 596/10 auf das Dienstkonto der Gerichtsvollzieherin (Anlagenkonvolut LR-3), die ihrerseits die empfangenen Beträge an die Beklagte zu 2) auskehrte.

Mit Schriftsatz vom 25.8.2010, eingegangen beim OLG München am 30.8.2010, nahm die s. AG die Berufung gegen das Urteil vom 26.4.2010 zurück (Anlage LR-18 und Anlage zum Protokoll vom 29.7.2014). Auf Antrag der Beklagten zu 2) wurde am 23.9.2010 die Rückzahlung der als Sicherheit geleisteten EUR 93.239,90 angeordnet (Anlage BK 3). Über das Vermögen der s. AG wurde ebenfalls nach Antrag vom 22.12.2010 am 1.3.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger in Person zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Kläger hält die Zahlungen über EUR 20.000 und EUR 57.699,92 als nicht zur Tilgung eigener Verbindlichkeiten der Schuldnerin, sondern zur Erfüllung von Verbindlichkeiten der s. AG geleistet, für die die Beklagte zu 2) ihrerseits keine ausgleichende Leistung erbracht und damit unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO empfangen habe.

Die Beklagte zu 2) hat sich gegen eine Rückgewähr der Zahlungen der Schuldnerin zunächst u.a. damit verteidigt, dass die Schuldnerin mit den Zahlungen eigene Kreditverbindlichkeiten gegenüber der s. AG habe ausgleichen wollen und die Schuldnerin mit ihrer Muttergesellschaft über einen cash pool verbunden gewesen sei, so dass eine Unentgeltlichkeit der Leistungen ausscheide. Nunmehr sieht sie die Zahlungen nicht zur Erfüllung, sondern nur zur Abwehr der Zwangsvollstreckung geleistet.

Das LG München I hat nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 13.1.2014 die zunächst allein gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage in Richtung auf die Beklagte zu 1) abgewiesen und die Beklagte zu 2) antragsgemäß verurteilt.

Mit ihrer Berufung strebt die Beklagte zu 2) auch die Abweisung der Klage gegen sich an.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand des Ersturteils, die zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze, den gerichtlichen Hinweis vom 25.7.2014 sowie die Sitzungsniederschrift vom 29.7.2014 Bezug genommen.

II. Die Berufung der Beklagten zu 2) hat Erfolg. Dem Kläger steht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der s. c. GmbH kein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) auf Rückgewähr der zwei Zahlungen über EUR 20....

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