Entscheidungsstichwort (Thema)
Sportwetten im Übergangszeitraum
Leitsatz (amtlich)
1. Das Angebot von Sportwetten im Internet war auch in dem Übergangszeitraum von der Sportwetten-Entscheidung des BVerfG am 28.3.2006 - 1 BvR 1054/01 - bis zum Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags am 1.1.2008 nicht unlauter.
2. Da ein auf Wiederholungsgefahr gestützter wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nur besteht, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zur Zeit seiner Begehung wettbewerbswidrig war, kam es im Streitfall, der einen Internetauftritt am 6.6.2006 betraf, auf die ab 1.1.2008 geltenden Regelungen des Glückspielstaatsvertrags nicht an.
Normenkette
EG Art. 43, 49; GG Art. 12 Abs. 1; StGB § 284; UWG §§ 3, 4 Nr. 11
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 06.12.2007; Aktenzeichen 4 HK O 11552/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG München I vom 6.12.2007 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Zulässigkeit des Angebots von Sportwetten im Internet.
Der klagende Freistaat Bayern veranstaltet in Bayern mit behördlicher Erlaubnis eine Vielzahl von Glücksspielen, darunter eine Sportwette zu festen Gewinnquoten mit der Bezeichnung ODDSET.
Dem Beklagten zu 1. wurde am 11.4.1990 durch den Rat des Kreises Löbau/Sachsen auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR vom 6.3.1990 die Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten in N., B.-straße 20, erteilt (vgl. Anl. B 3). Die Beklagte zu 2., eine österreichische Aktiengesellschaft, ist Inhaberin einer österreichischen Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten (vgl. Anl. B 5). Die Beklagten zu 3. bis 5. sind Vorstandsmitglieder der Beklagten zu 2.
Unter der Domain www.b.de wurden unter Beteiligung der Beklagten zu 1. und zu 2. im Internet deutschen Internetnutzern Sportwetten angeboten. Wegen der Einzelheiten des Angebots wird auf die Bildschirmausdrucke auf den Seiten 3 bis 11 der Klageschrift vom 29.6.2006 (= Bl. 3-11 d.A.) Bezug genommen, die den Internetauftritt am 6.6.2006 wiedergeben.
Die Einzelheiten der Beteiligung der Beklagten zu 1. und zu 2. an dem Internetangebot sind zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Sportwettenangebot der Beklagten im Internet sei gem. § 3, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 284 Abs. 1 StGB unlauter und deshalb zu unterlassen. Gemäß § 284 Abs. 1 StGB sei das Veranstalten von Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis strafbar; da diese Vorschrift eine Marktverhaltensregelung sei, folge aus der Strafbarkeit einer solchen Veranstaltung auch deren Unlauterkeit. Da die Beklagten keine behördliche Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten in Bayern hätten, erfüllten sie den Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB. Die Beklagte zu 2. hafte als Domaininhaberin für die eingestellten Inhalte. Die Beklagten zu 3. bis 5. hafteten als deren Organe ebenfalls.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung [näher bezeichneter Ordnungsmittel] zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - hilfsweise: mit Ausnahme von Sachsen - ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten anzubieten und/oder zu bewerben, insgesamt wie nachstehend wiedergegeben: [es folgen 18 Bildschirmabbildungen, die den Internetauftritt vom 6.6.2006 wiedergeben]
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihm sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihm seit dem 6.12.2005 aus den in Ziff. 1. beschriebenen Handlungen im Freistaat Bayern bereits entstanden sei oder künftig entstehen werde;
3. die Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft über die Umsätze zu erteilen, die seit dem 6.12.2005 durch die Entgegennahme von Wetten derjenigen Teilnehmer erzielt worden sind, die ihren Wohnsitz im Freistaat Bayern haben.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften diverse Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts vorzulegen, weiter hilfsweise, die Verhandlung bis zur Entscheidung diverser anderer Verfahren durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, das BVerfG und das BVerwG auszusetzen.
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, die angegriffenen Handlungen seien aus verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Gründen nicht unlauter.
Mit Urteil vom 6.12.2007, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, aus den vielfältigen amtlichen Äußerungen und gerichtlichen Entscheidungen zur Frage der Zulässigkeit von Sportwetten ergebe sich...