Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1; StVG § 7 Abs. 1; VVG § 115 Abs. 1 S. 1 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten vom 01.06.2018 wird das Endurteil des LG Traunstein vom 11.05.2018 (Az. 5 O 2804/16) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 24.08.2016 zu zahlen.
II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 24.08.2016 zu zahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits (erster Instanz) tragen der Kläger 96% und die Beklagten gesamtschuldnerisch 4%.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das vorgenannte Urteil des Landgerichts sowie dieses Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
B. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
I. Mit der Berufung greifen die Beklagten nur die vom Landgericht zugesprochenen Reparaturkosten in Höhe von 2.332,85 EUR an. Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Reparaturkosten bejaht.
1. Bei dem Unfall wurde der Kläger verletzt und sein Fahrrad beim Zusammenstoß mit dem zum Unfallzeitpunkt von der Beklagten zu 2) geführten Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... beschädigt. Der Beklagte zu 1) ist der Halter und die Beklagte zu 3) die Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs. Deshalb kommt grundsätzlich ein Anspruch des Klägers aus § 7 I StVG i. Verb. m. § 115 I 1 Nr. 1 VVG und, soweit ein Verschulden der Beklagten zu 2) vorliegen sollte, aus § 823 I BGB in Betracht. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
2. Der Kläger begehrt die Erstattung von aufgrund des Kostenvoranschlages vom 18.09.2015 (vgl. Anlage K1) ermittelten Reparaturkosten in Höhe von insgesamt 3.832,85 EUR. Da die Beklagten lediglich auf Totalschadensbasis abrechnen wollen (vgl. Tatbestand Ersturteil S. 3= Bl. 148 d.A.), ist damit die vom Kläger gewollte Abrechnung auf Reparaturbasis und deren tatsächliche Grundlagen bestritten. Die Beklagten haben in der Klagerwiderung ein Kurzgutachten des Sachverständigen Sch. vorgelegt sowie vorgetragen, dass am klägerischen Fahrrad ein Totalschaden eingetreten sei und der Kläger auf Totalschadenbasis abrechnen müsse (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert). Dieser Sachvortrag wurde unter Beweis gestellt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Der Senat hat deshalb zur Abklärung der Angemessenheit der vom Kläger in der Klageschrift Bl. 4 geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von 3.832,85 EUR sowie zur Berechnung des Wiederbeschaffungswertes und Restwertes des streitgegenständlichen Fahrrads ergänzende Feststellungen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO) getroffen und hierzu den Kläger sowie den Sachverständigen Dipl.-Ing. Albert S. in der Sitzung vom 16.11.2018 zur Erstattung eines mündlichen Gutachtens angehört.
Nach der Anhörung des Sachverständigen ist der Senat davon überzeugt, dass aufgrund des streitgegenständlichen Unfallereignisses beim Fahrrad des Klägers ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten ist. Im Einzelnen:
a) Grundsätzlich kann ein Geschädigter im Totalschadensfalle ausnahmsweise die voraussichtlichen Reparaturkosten zzgl. einer etwaigen Wertminderung erstattet verlangen, wenn diese Summe den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30% übersteigt (BGH VersR 1992,61; BGH r+s 2003, 303; r+s 2005, 172; r+s 2009, 434; r+s 2010, 128; Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. A., § 249 BGB, Rn. 65). Maßgeblich für die Berechnung ist grundsätzlich die Reparaturkostenkalkulation des Sachverständigen, nicht der schlussendlich tatsächlich angefallene Reparaturaufwand. Der Restwert des Fahrzeuges wird bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt. Grundlage dieser Rechtsprechung ist das besondere Integritätsinteresse des Geschädigten. Damit soll faktisch sichergestellt sein, dass das Eigentum des Geschädigten für den Bedarfsfall in seiner konkreten Zusammensetzung und nicht nur dem Wert nach erhalten bleiben kann. Der Reparaturkostenersatz erfolgt allerdings nur nach tatsächlich durchgeführter, fachgerechter Reparatur im Umfange des Sachverständigengutachtens (BGH DAR 2005, 266), jedenfalls aber in einem Umfang, der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigt (BGH DAR 2005, 268 [269]). Eine Teilreparatur ist nicht ausreichend. Set...