Verfahrensgang
LG Kempten (Urteil vom 11.07.2013; Aktenzeichen 33 O 2226/11) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 11.07.2013 geändert.
- Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld von 125.000,– EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.12.2011 zu bezahlen.
- Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 11.819,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.12.2011 zu bezahlen.
- Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ab dem 07.12.2011 bis zum Renteneintrittsdatum nach den für den Kläger gültigen sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen dem Kläger eine Geldrente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 597,56 EUR pro Monat zu zahlen.
- Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche bisherigen materiellen Schäden aus der Behandlung im Krankenhaus der Beklagten zu 2) vom 23.09. bis 12.10.2010, sowie die seit dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung weiteren materiellen und nicht voraussehbaren immateriellen Schäden aus der fehlerhaften Behandlung zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
- Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger für außergerichtlich entstandene Kosten 2.714,03 EUR zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger 38 %, die Beklagten 62 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der am 04.08.1953 geborene Kläger macht Schadensersatz-, Schmerzensgeld- und Feststellungsansprüche wegen einer ärztlichen Behandlung im Krankenhaus der Beklagten zu 1) geltend. Der Beklagte zu 2) ist Chefarzt der Abteilung für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin in der Klinik der Beklagten zu 1). Dort unterzog sich der Kläger, bei dem anlässlich der Entfernung des rechten Hodens die Infiltration durch ein malignes Lymphom festgestellt worden war, einer chemotherapeutischen Behandlung im Rahmen eines Studienprogramms (sogenannte Flyer-Studie). Diese Studie, an der mehrere Personen teilnahmen, bestand beim Kläger aus einer in gewissen zeitlichen Abständen durchzuführenden 6-maligen intravenösen Chemotherapie und zusätzlich einer 4-maligen Injektion des Chemotherapeutikums Methotrexat in den Wirbelkanal (= intrathekale MTX-Injektion).
Unmittelbar nach der ersten MTX-Injektion am 23.09.2010 – eine beabsichtigte Injektion am 21.09.2010 war unverrichteter Dinge wieder abgebrochen worden – stellte sich beim Kläger ein Harnverhalt, Stuhlinkontinenz sowie eine beginnende Parese der Beine ein (cauda-equina-Syndrom). Mittlerweile leidet der Kläger hüftabwärts unter einer kompletten Querschnittslähmung. Er ist zu 100 % schwerbehindert.
Der Kläger behauptet, er sei in der Klinik der Beklagten nicht über das mögliche Risiko einer Querschnittslähmung bei Verabreichung der MTX-Injektionen aufgeklärt worden. Im Übrigen sei er nach Auftreten der Lähmungserscheinungen nicht zeitnah und fachgerecht behandelt worden.
Die Beklagten bestreiten Behandlungs- und Aufklärungsfehler und berufen sich hilfsweise auf eine hypothetisch erteilte Einwilligung. Der Kläger habe an einem außerordentlich aggressiven und lebensgefährlichen Lymphom gelitten. Die Rückfallgefahr habe durch die MTX-Injektionen in den Wirbelkanal erheblich gesenkt werden können.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts, des Vortrags der Parteien und der Prozessanträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen mit der Klarstellung, dass die im Rahmen der Flyer-Studie verabreichte intrathekale MTX-Prophylaxe (Seite 2 Mitte des Ersturteils) aus insgesamt vier MTX-Injektionen bestand.
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 11.07.2013 die Klage abgewiesen. Es hat, sachverständig beraten, sowohl Behandlungs- als auch Aufklärungsfehler verneint. Im Übrigen sei dem Kläger auch der Kausalitätsnachweis nicht gelungen. Das Gericht war darüber hinaus davon überzeugt, dass der Kläger auch bei Aufklärung über das mögliche Risiko einer Querschnittslähmung in die MTX-Injektionen in den Wirbelkanal eingewilligt hätte.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers mit folgenden Anträgen:
- Auf die Berufung des Klägers wird das am 11.07.2013 verkündete Urteil des Landgerichts Kempten, Az.: 33 O 2226/11, aufgehoben.
- Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jed...