Leitsatz (amtlich)

1. Der Dividendenanspruch des Aktionärs ist nach dem gem. § 174 AktG zu fassenden Gewinnverwendungsbeschluss ein selbständig verkehrsfähiger Anspruch. Vor dem Beschluss kann der Gewinnverwendungsanspruch nicht ohne die Aktie, die Aktie nicht ohne den Anspruch veräußert werden. Nach Erlass des Beschlusses kann aber der Anspruch von dem Mitgliedschaftsrecht getrennt werden in der Form, dass der Dividendenanspruch dem - früheren - Aktionär verbleibt, auch wenn er sich seiner Aktien entäußert.

2. Banktechnische Schwierigkeiten bei der Abwicklung einer verweigerten Dividendenzahlung begründen keine Unmöglichkeit i.S.d. § 275 BGB.

3. Es widerspricht den Grundsätzen von Treu und Glauben, wenn ein persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA, der nicht Mitglied der Geschäftsleitung, gleichwohl aber ihr "Sprecher" ist, einem Gewinnverwendungsbeschluss, den die Geschäftsleitung vorgeschlagen hat, nach Beschluss durch die Hauptversammlung widerspricht.

 

Normenkette

AktG § 174; BGB § 275

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 29.08.2013; Aktenzeichen 5 HKO 23315/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG München I vom 29.8.2013 - 5 HK O 23315/12, abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt,

a) an den Kläger 736.250,- EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 16.9.2012

b) sowie nach Wahl der Beklagten

  • an den Kläger 263.750,- EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 16.9.2012

oder

  • 263.750,- EUR für Rechnung des Klägers an das Finanzamt M. und Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 16.9.2012 an den Kläger

zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der vollstreckbaren Forderung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet i.H.v. 110 % der zu vollstreckenden Forderung.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers auf Dividendenzahlungen.

Der Kläger war Kommanditaktionär der Beklagten. Diese wurde zunächst im Jahre 1959 als Kommanditgesellschaft gegründet. Im Jahr 1996 übernahm eine Investorengruppe um den Kläger und Herrn S. (fortan: S.) die Beklagte und führte sie unter der Firma M. GmbH & Co. KG fort, wobei die M. Beteiligungs GmbH neu als persönlich haftende Gesellschafterin eintrat. Im Jahre 1998 wechselte die Beklagte in die Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien, wobei S. zusätzlich persönlich haftender Gesellschafter der Beklagten wurde. Nachdem Dr. M. im Jahr 2005 als weiterer persönlich haftender Gesellschafter eingetreten war, schied S. aus seinem Amt als Geschäftsleiter der Beklagten am 15.8.2008 durch Niederlegung aus.

Nach der Satzung der Beklagten (Anlage K 1) ist deren Unternehmensgegenstand vor allem das Betreiben von Bankgeschäften aller Art.

Persönlich haftende Gesellschafter sind die M. Beteiligungs GmbH, Herr S. (ohne Kapitalanteil) und Dr. M.. Die Gesellschaft wird durch zwei geschäftsführungsbefugte persönlich haftende Gesellschafter gemeinsam oder durch einen solchen Gesellschafter gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten (§ 14 Abs. 1). Die Geschäftsführung obliegt den persönlich haftenden Gesellschaftern gemeinsam (§ 15 Abs. 1), jedoch kann ein solcher Gesellschafter durch Erklärung gegenüber dem Vorsitzenden der Geschäftsleitung und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats auf die Geschäftsführungsbefugnis verzichten; hiermit scheidet er aus der Geschäftsleitung aus. Soweit nach der Satzung die Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter erforderlich ist, entscheidet hierüber Herr S., solange er - wie derzeit - persönlich haftender Gesellschafter ist (§ 16 Satz 1).

Die Tätigkeit der Hauptversammlung ist im 3. Unterabschnitt des 3. Abschnitts "Verfassung der Gesellschaft" geregelt (§§ 25 ff.). Beschlüsse werden hiernach gem. § 28 Abs. 1, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen und, soweit das Gesetz außer der Stimmenmehrheit eine Kapitalmehrheit vorschreibt, mit der einfachen Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals gefasst. Gemäß § 29 Abs. 1 bedürfen die Beschlüsse der Hauptversammlung - mit Ausnahme der in § 285 AktG aufgeführten Maßnahmen - der Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter. Diese Zustimmung oder Ablehnung wird für alle persönlich haftenden Gesellschafter einheitlich erklärt. Zu diesem Zweck beschließen diese außerhalb der Hauptversammlung über die Erteilung der Zustimmung gem. § 16 der Satzung. Die Erklärung der Zustimmung oder Ablehnung erfolgt durch S..

Im 4. Abschnitt der Satzung (§§ 30 ff.) finden sich die Regelungen über den Jahresabschluss, die Ergebnisaufteilung und die Ergebnisverwendung. Hiernach hat die Geschäftsleitung den Jahresabschluss und d...

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