Leitsatz (amtlich)
Der Geschäftsführer einer GmbH haftet nach § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn er für ihn erkennbare pflichtwidrige Gehaltsauszahlungen eines Mitgeschäftsführers an sich selbst nicht verhindert oder unterbindet.
Verfahrensgang
LG Deggendorf (Urteil vom 26.11.2014; Aktenzeichen 22 O 264/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das Endurteil des LG Deggendorf vom 26.11.2014, Az. 22 O 264/13, in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Tenors aufgehoben, soweit die Beklagte zu 1) verurteilt wurde. Die Klage gegen die Beklagte zu 1) wird abgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das vorbezeichnete Urteil in Ziff. 1 und Ziff. 3 des Tenors aufgehoben, soweit der Beklagte zu 2) zur Zahlung von insgesamt mehr als 131.355,41 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2012 verurteilt wurde.
2. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zu 2) zurückgewiesen.
3. Von den Gerichtskosten erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin 41 % und der Beklagte zu 2) 59 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 2) 59 %. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Rückzahlung von angeblich ohne Rechtsgrund bezahlten Geschäftsführergehältern.
Die Klägerin wurde im Jahr 2006 gegründet. Auf deren Satzung (Anlage K 14) wird Bezug genommen.
Seit Gründung der Klägerin war die Beklagte zu 1) jedenfalls bis Ende Juli 2009 Geschäftsführerin und vom 11.08.2009 bis 22.11.2010 Prokuristin der Klägerin. Der Beklagte zu 2) war vom 19.06.2006 bis 31.03.2011 Geschäftsführer der Klägerin. Einziger Gesellschafter der Klägerin ist der "Erzeuger Organisation... e.V.". Auf dessen Satzung (Anlage B 2, vom Beklagten zu 2) überreicht) wird ebenfalls Bezug genommen. Der Beklagte zu 2) war zugleich Vorsitzender des "Erzeugerorganisation... e.V." und vertrat den Verein in der Gesellschafterversammlung der Klägerin.
Nach dem am 06.05.2006 abgeschlossenen Anstellungsvertrag mit der Beklagten zu 1) (Anlage K 2) sollte diese ein festes Monatsgehalt von 1.900,00 Euro erhalten. Gemäß § 5 Abs. 2 i.V.m. § 11 des Anstellungsvertrags sollte ferner 1.000,00 Euro Weihnachtsgeld freiwillig und ohne Rechtsanspruch hierauf gezahlt werden. Nach § 5 Abs. 3 waren mit den Zahlungen sämtliche Ansprüche auf Vergütung von Überstunden, Sonntags- und Feiertagsarbeit oder sonstige Mehrarbeit abgegolten. Nach § 10 des Vertrages bedürfen Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, sowie der ausdrücklichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung, auch soweit es um Änderungen der Schriftformklausel geht.
Der mit dem Beklagten zu 2) abgeschlossene Anstellungsvertrag vom 31.12.2007 (Anlage K 4) sieht ein festes Monatsgehalt von 5.000,00 Euro vor, aber keinen Anspruch auf Weihnachts- oder Urlaubsgeld.
Am 01.04.2008 unterzeichneten die Beklagten einen "Zusatz zum Arbeitsvertrag", nach dem der Beklagte zu 2) ab 01.04.2008 Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten soll. Auf die Anlage B 1 (von dem Beklagten zu 2) überreicht) wird Bezug genommen.
Ebenfalls von beiden Beklagten wurde am 28.07.2009 ein "Arbeitsvertrag" unterzeichnet (Anlage B 2, von der Beklagten zu 1) übergeben). Ausweislich der Vorbemerkung wird damit der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag der Beklagten zu 1) aufgehoben und durch eine neue Vereinbarung ersetzt. Gemäß Ziff. VII.1soll die Beklagte zu 1) eine monatliche Vergütung von 3.575,00 Euro brutto erhalten. In Ziff. XV. 4 ist geregelt, dass die Beklagte zu 1) nur Ansprüche auf die Vergütung des bereits in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses habe. Im Übrigen seien sich die Parteien einig, dass ihnen wechselseitig keine Ansprüche zustünden.
In der Zeit vom Januar 2007 bis Juli 2010 erhielt die Beklagte zu 1) inklusive Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen 112.605,41 Euro mehr als nach dem Anstellungsvertrag vom 06.05.2006 (Anlage K 2) vorgesehen; davon entfielen 30.364,67 Euro auf die Zeit ab August 2009, als die Beklagte zu 1) als Prokuristin für die Klägerin tätig war. Wegen der einzelnen Zahlungen wird Bezug genommen auf die Tabelle S. 4 - 7 in der Anspruchsbegründung der Klägerin (Bl. 34 bis 36 d.A.).
Der Beklagte zu 2) erhielt über die im Anstellungsvertrag vom 31.12.2007 (Anlage K 4) vorgesehene Vergütung hinaus von Juni 2008 bis November 2010 Urlaubs- und Weihnachtsgeld in Höhe von insgesamt 22.500,00 Euro.
In einer Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 02.07.2008 wurde ausweislich des Protokolls (Anlage K 10) den beiden Geschäf...