Normenkette

HGB § 427 Abs. 1 Nr. 2, § 427 Nr. 4, § 427 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 27.09.2006; Aktenzeichen HKO 17629/01)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin, eine Transportversicherin, macht aus übergegangenem und abgetretenem Recht Ansprüche ihrer Versicherungsnehmerin auf Ersatz eines Transportschadens geltend. Die Beklagte hatte im Auftrag der Versicherungsnehmerin einen gebrauchten Stanz- und Biegeautomaten nebst Zubehör auf dem Land- und Seeweg zu fixen Kosten von einem Ort in Bayern nach Michigan/USA transportiert. Nach dem zugrunde liegenden Vertrag war die Beklagte u.a. zu bestimmten, in ihrem schriftlichen Angebot im Einzelnen aufgeführten Verpackungsleistungen verpflichtet. Mit der Verpackung der Ware hatte die Beklagte ihrerseits die dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetretene Streithelferin beauftragt, wobei eine "seefeste Verpackung" vereinbart war.

Nach den Feststellungen des vom LG beauftragten Sachverständigen wies die Ware bei Ablieferung an den Empfänger großflächige Rostschäden auf, die dadurch verursacht waren, dass an den Maschinen nicht die für einen rostsicheren Seetransport erforderliche Primärkonservierung mit Öl oder Wachs vorgenommen worden war.

Das LG sprach der Klägerin einen Schadensersatzanspruch aus § 425 Abs. 1 HGB i.H.v. 46.000 EUR zu und führte dazu u.a. aus, dass nach § 427 Abs. 4 HGB die Haftung der Beklagten nicht gem. § 427 Abs. 1 Nr. 4 ausgeschlossen sei. Zwar sei der eingetretene Schaden auf die Rostanfälligkeit des beförderten Gutes zurückzuführen. Aus dem Gesamtgepräge des Vertrages, wonach alle mit dem Transport zusammenhängenden Tätigkeiten nicht von der Versenderin, sondern von der Beklagten durchgeführt werden sollten, ergebe sich jedoch, dass die erforderliche Primärkonservierung von der Beklagten vorzunehmen gewesen sei, obgleich deren Leistungsbeschreibung diese Maßnahme nicht aufgeführt habe. Selbst wenn jedoch die Beklagte diese Erstkonservierung nicht geschuldet haben sollte, könne sie sich nach § 427 Abs. 4 HGB nicht auf den Haftungsausschluss des § 427 Abs. 1 Nr. 4 HGB berufen, weil sie jedenfalls verpflichtet gewesen sei, die Versenderin auf die Notwendigkeit der Konservierung hinzuweisen.

Mit ihrer Berufung trägt die Beklagte u.a. vor, dass nicht nur der Haftungsausschluss nach § 427 Abs. 1 Nr. 4 HGB, sondern auch der nach § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB greife, da die Primärkonservierung als ein Teil der Verpackung anzusehen sei, welcher vorliegend der Versenderin oblegen habe. Zumindest sei gem. § 254 BGB, § 425 Abs. 2 HGB ein erhebliches Mitverschulden der Versenderin zu berücksichtigen.

II. Der Senat hat den Parteien folgenden Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO erteilt:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Weder weist der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung auf noch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Zu den Berufungsangriffen ist Folgendes anzumerken:

I. Zwar teilt der Senat nicht die Einschätzung des LG, dass die Beklagte aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen verpflichtet war, die Primärkonservierung der Maschine durchzuführen, da diese Schutzmaßnahme bereits dem Wortlaut nach nicht unter den Begriff der beauftragten "Verpackungsarbeiten" fällt.

II. Die Beklagte ist aber gleichwohl nach § 427 Abs. 4 HGB gehindert, sich auf den Haftungsausschluss des § 427 Abs. 1 Nr. 4 HGB zu berufen, da sie die Absenderin nicht auf die - nach den Feststellungen des Sachverständigen erkennbar - fehlende, für den Seetransport aber unabdingbare Primärkonservierung der Maschine hingewiesen hat.

Zu den Obliegenheiten des Frachtführers i.S.d. § 427 Abs. 4 HGB gehört es auch, den Versender darauf hinzuweisen, dass die nach den Verhältnissen eines Seetransports zum Schutz der zu befördernden Metallteile erforderliche Vorbehandlung fehlt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich der Frachtführer - wie hier - zu einer vor Luftfeuchtigkeit besonders schützenden Art der Verpackung verpflichtet hat.

Soweit die Berufung dem entgegenhält, dass der Verpacker als "Laie" insoweit nicht beim Absender als "Warenfachmann" nachzufragen habe, ob er auch wisse was er tue, geht dies fehl. Durch die Bestellung einer vor Feuchtigkeit schützenden Spezialverpackung hat die Versenderin mit Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass das zu befördernde Gut besonders korrosionsanfällig ist. Aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse der Verhältnisse eines Seetransports war es Sache der Beklagten (und ihrer Leute), Bedenken dahin anzumelden, dass ein "leichtes Einölen" keine taugliche Primärkonservierung darstellt.

III. Der Haftungsausschluss mangelhafter Verpackung kommt nicht zum Tragen, da die Primärkonservierung keine Verpackung darstellt.

IV. Die Haftungsbeschränkung nach Ziff. 23.1.3 der ADSp ist mangels wirksamer Einbeziehung der ADSp nicht anwendbar. Wie sich aus dem Angebot der Beklagten ergibt, fehlt es bereits an der besonderen Hervorhebung einer...

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