Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 37 O 2516/18) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 07.06.2019, Az. 37 O 2516/18, wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 07.06.2019, Az. 37 O 2516/18, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerinnen tragen Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz.
III. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts in obiger Fassung sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um urheberrechtliche Unterlassungsansprüche sowie um Ansprüche auf die Sperrung von Internetseiten im Zusammenhang mit dem Dienst "G.".
Die Klägerinnen sind Tonträgerunternehmen und die jeweiligen deutschen Landesgesellschaften international tätiger Musikkonzerne. Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen mit Sitz in Bonn, das sowohl selbst als Internetzugangsprovider für Endkunden agiert als auch Internetzugänge für andere Serviceprovider bereitstellt.
Unter den Adressen http://...to) und http://www... to ist im Internet der Dienst "G." abrufbar. Die Top-Level-Domain .to steht für das im Südpazifik gelegene Königreich Tonga.
Die Klägerinnen behaupten, auch über die nachträglich aufgrund der Sorge vor einer Sperre eingerichteten Alternativdomains http://www...sx, http://www...to, http://www...to und http:/www...to (sowie die jeweiligen URL ohne www-Zusatz) sei das gesamte Angebot von "G." in gleicher Weise verfügbar.
Die Klägerin zu 1) behauptet, ihr stünden die ausschließlichen Rechte des Tonträgerherstellers an den auf dem Album "U." enthaltenen Musiktiteln (Seiten 4 und 5 des landgerichtlichen Urteils) zu. Die Klägerin zu 2) behauptet, ihr stünden dieselben Rechte an den auf dem Album "V." enthaltenen Titeln (Seite 5 des landgerichtlichen Urteils) zu. Die Klägerin zu 3) schließlich behauptet, ihr stünden diese Rechte an den auf dem Album "U." enthaltenen Musiktiteln (Seiten 5 und 6 des landgerichtlichen Urteils) zu.
Die Klägerinnen behaupten weiter, diese Alben mit den jeweiligen Musiktiteln seien im November 2017 auf der Webseite des Dienstes "G." über die jeweils im Tenor des landgerichtlichen Urteils aufgeführten sogenannten Filehosting-Links und eDonkey-Links zum Download abrufbar gewesen, was auch nach wie vor der Fall sei. Bei dem Dienst "G." handle es sich um eine Index-Seite, auf der thematisch geordnete und mit Suchparametern versehene Links gesammelt würden, über die Nutzer der Seite entweder auf die bei sogenannten File- oder Sharehostern gespeicherten Dateien mit urheberrechtlich geschütztem Material zugreifen oder die entsprechenden Inhalte über das dezentral organisierte Filesharingsystem "eDonkey" abrufen könnten.
Die Klägerinnen behaupten, sie hätten zur Identifizierung und Inanspruchnahme der Betreiber von "G." sowohl eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Berlin gestellt als auch die privaten Ermittler ... (Anlage K 7) eingeschaltet. Das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Berlin sei mangels verbleibender Ermittlungsansätze eingestellt worden (Anlage K 27). Ein Auskunftsersuchen an ein die Software "Spy-Off" vertreibendes Unternehmen, das Werbung auf der "G."-Seite geschaltet habe, sei ergebnislos geblieben.
Durch die privaten Ermittler sei zwar über den zwischengeschalteten Anonymisierungsdienst Cloudflare als Host-Provider das in Russland ansässige Unternehmen M. ziert, abgemahnt und erfolglos um Auskunft über den Betreiber des Dienstes "G." ersucht worden. Ein gerichtliches Vorgehen gegen diesen russischen Host-Provider verspreche aber keinen Erfolg, zumal im Jahr 2008 der Dienst "G." nach gerichtlichen Schritten gegen den ehemaligen, in Holland ansässigen Host-Provider nach Russland migriert worden sei und erneute Wechsel im Falle eines gerichtlichen Vorgehens zu befürchten seien.
Die Klägerinnen sind weiter der Auffassung, sie könnten die Beklagte auch nach Änderung des Telemediengesetzes (TMG) weiterhin als Störerin auf Unterlassung in Anspruch nehmen, da dessen Haftungsprivilegierungen im vorliegenden Fall nicht anwendbar seien. Jedenfalls könnten sie aber die mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Sperre des Zugangs zum Dienst "G." im Wege einer DNS-Blockierung begehren.
Die Beklagte ist der Auffassung, sic könne als bloße Zugangsproviderin schon deshalb nicht in Anspruch genommen werden, weil die Klägerinnen nicht alles Erforderliche getan hätten, um die für die vermeintlichen Urheberrechtsverletzungen tatsächlich Verantwortlichen zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen. So hätten die Klägerinnen gegen weitere mögliche Tatbeteiligte Strafanzeige erstatten und zivilrechtlich vorgehen müssen, so auch geg...