Leitsatz (amtlich)
1. Die Rückforderung einer Zahlung auf die Schlussrechnung eines Architekten richtet sich nach Bereicherungsrecht.
2. Zur Darlegungs- und Beweislast bei verschiedenen Möglichkeiten der Auslegung des Architektenvertrags.
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Passau (Urteil vom 30.08.2011; Aktenzeichen 3 O 1032/04) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Passau vom 30.8.2011 - 3 O 1032/04, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des LG Passau ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 21.262,96 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die klagende Stadt begehrt - nach Beanstandung durch den kommunalen Prüfungsverband - i.H.v. 21.262,96 EUR teilweise Rückzahlung von Honorar für Leistungen des Beklagten als Landschaftsarchitekt, das die Klägerin am 15.1.1998 auf die geprüfte Schlussrechnung des Beklagten vom 28.11.1997 gezahlt hatte (Anlagen 2/1 und 2/2).
Die Klägerin beauftragte im Zusammenhang mit der Ausweisung eines neuen Baugebiets den Beklagten durch Vertrag vom 15.6.1994/24.11.1994 mit der Planung der öffentlichen Freiflächen und der Geländeform im öffentlichen Bereich (§ 1 Ziff. 1.1 des Vertrages; Anlage K 1). Das Vertragsmuster und die anliegenden ZVB und AVB waren vom Beklagten vorgegeben. In der Folgezeit erbrachte der Beklagte dementsprechend die Leistungen der Phasen 1 bis 9. Ferner wurde in § 1 Ziff. 1.1 des Vertrages als Pflicht des Beklagten genannt:
"Für ein Wasserrechtsverfahren und die nachfolgende Ausführung der Maßnahmen sind die erforderlichen Unterlagen auszuarbeiten".
Von der Klägerin beauftragt mit dem Betreiben des Wasserrechtsverfahrens und mit anderen Leistungen war die Ingenieurgesellschaft E. In der Schlussrechnung vom 28.11.1997 (Anlage 2/1) rechnete der Beklagte die Grundleistungen für die Leistungsphasen 1 bis 4 und 5 bis 9 auf der Basis von anrechenbaren Kosten ab. Im Anschluss daran lautet die Rechnung:
"Besondere Leistungen
Erarbeiten von Unterlagen für besondere Prüfverfahren (Wasserrechtliches Verfahren) 130 Std. Dipl.-Ing. (FH) * DM 110,00 DM 14.300,00
131,5 Std. Computerarbeiten einschl. Bearbeiter * DM 155,00 DM 20.382,50
Fahrten im Rahmen des WRV 1.264 km * DM 1,00 DM 1.264,00
1 Transparent-Plot DM 125,00
10,53 m2 SW-Pausen * DM 8,63 DM 90,87"
Die Summe der vorgenannten Rechnungspositionen (netto) beträgt 36.162,37 DM. Dies entspricht brutto 41.586,73 DM bzw. 21.262,96 EUR. Diesen Betrag und einen weiteren Betrag von brutto 8.538,75 DM forderte die Klägerin mit der Klage zurück. Der Beklagte habe keine besonderen Leistungen erbracht, sondern nur Grundleistungen. Einen mündlichen oder schriftlichen Auftrag für besondere Leistungen habe es insoweit nicht gegeben.
Hilfsweise rechnete der Beklagte auf mit einer Honorarnachforderung i.H.v. 38.722,31 EUR für seine Grundleistungen auf der Grundlage der korrigierten Schlussrechnung vom 15.2.2005 (Anlage zum Schriftsatz vom 4.3.2005, Seite 15). Seine Widerklage wegen des übersteigenden Betrags verfolgte er bereits in erster Instanz nicht weiter.
Durch Urteil vom 30.8.2011 hat das LG Passau die Klage abgewiesen. Zu dem Rückforderungsanspruch von 21.262,96 EUR hat das LG ausgeführt, dass dieser nicht vertraglicher, sondern bereicherungsrechtlicher Natur sei. Der Klägerin sei es nicht gelungen, ihrer Darlegungs- und Beweislast für eine fehlerhaft überhöhte Schlussrechnung nachzukommen. Soweit Planungsänderungen der Klägerin die Leistungen des Beklagten veranlasst hätten, läge darin nach § 4 Ziff. 4.11 des Vertrages ohne Schriftformerfordernis der Auftrag für besondere Leistungen.
Gegen das Urteil richtet sich teilweise die Berufung der Klägerin. Sie beantragt, unter Abänderung des Urteils den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 21.262,96 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 % seit 1.2.1998 aus 18.489,52 EUR zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin meint, das LG habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Im Umfang der Überzahlung habe die Klägerin einen vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung. Der Beklagte hätte darlegen und beweisen müssen, dass ihm die Zahlungen der Klägerin endgültig zustehen. Das LG habe auch die Regelungen in § 4 Ziff. 4.10 und 4.11 des Vertrages falsch angewendet und sei so zur Entbehrlichkeit der Schriftform für die Beauftragung besonderer Leistungen gelangt. Die Klägerin hält die Honorarnachforderung des Beklagten für unbegründet und für verjährt. Der Beklagte hat seine Honorarnachforderung durch Schriftsätze vom 1.8.2012 und 30.10.2012 weiter erläutert und hält das Rückforderungsverlangen der Klä...