Leitsatz (amtlich)
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann die Verlängerung der Verjährung einer Bürgschaftsforderung von drei Jahren auf fünf Jahre wirksam vereinbart werden.(Rz. 32)
Normenkette
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 1, § 202 Abs. 2, §§ 307, § 307 ff., § 765 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 05.08.2011; Aktenzeichen 29 O 21377/10) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 5.8.2011 werden zurückgewiesen.
II. Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin 40 %, der Beklagte trägt 60 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner zuvor i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 415.419,34 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus zwei Bürgschaften in Anspruch.
Mit Kreditvertrag vom 4.5.2005 (Anlage K 1) gewährte die Klägerin, damals firmierend unter der Bezeichnung B. bank AG, der Kreditnehmerin t. GmbH ein Darlehen über 150.000 EUR. Hierfür übernahm der Beklagte, damals Geschäftsführer der Kreditnehmerin, gemäß Bürgschaftsvertrag vom 4.5.2005 eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft (Anlage K 2) bis zu einem Betrag von 75.000 EUR.
Des Weiteren gewährte die Klägerin der t. GmbH mit Vertrag vom 3.5.2005, angenommen durch die Darlehensnehmerin am 4.5.2005 (Anlage K 4), eine Rahmenkreditlinie i.H.v. 800.000 EUR, die die Darlehensnehmerin gemäß der Wahlmöglichkeit (Anlage K 4, Bl. 1, Ziff. 1) als Kontokorrentkredit in Anspruch nahm. Hierfür übernahm der Beklagte gemäß der Bürgschaft vom 4.5.2005 (Anlage K 5) gleichfalls eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von hier 400.000 EUR.
Die jeweils 5 Druckseiten umfassenden formularmäßigen Bürgschaftsverträge enthalten auf Bl. 2 unter der fettgedruckten Überschrift "Inanspruchnahme aus der Bürgschaft, Verzicht auf Einreden" jeweils die Formulierung:
"Sind die durch die Bürgschaft gesicherten Ansprüche der Banken fällig und erfüllt der Hauptschuldner diese Ansprüche nicht, können sich die Banken an den Bürgen wenden, der dann aufgrund seiner Haftung als Selbstschuldner nach Aufforderung durch die Banken Zahlung zu leisten hat" (fortan: Klausel Nr. 1).
Jeweils auf Bl. 3 des Bürgschaftsvertrages findet sich unter der fettgedruckten Überschrift "Recht des Bürgen zur Kündigung der Bürgschaft" die Formulierung:
"Der Bürge kann die Bürgschaft nach Ablauf eines Jahres ab dem Zeitpunkt ihrer Übernahme schriftlich kündigen. Die Kündigung wird mit einer Frist von 3 Monaten nach dem Eingang bei der B. bank AG wirksam ...
Das Recht auf Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt" (fortan: Klausel Nr. 2).
Die Haftung des Bürgen besteht auch nach Wirksamwerden der Kündigung fort, beschränkt sich jedoch auf den Bestand der verbürgten Ansprüche, der zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung vorhanden war. Die Regelungen dieser Bürgschaft gelten bis zum vollständigen Ausgleich der verbürgten Verbindlichkeiten des Hauptschuldners weiter" (fortan: Klausel Nr. 3).
Im unteren Drittel der Seite 3 (Anlage K 2) bzw. am Ende der Seite 3 (Anlage K 5) findet sich unter der fettgedruckten Überschrift "Verlängerung der Verjährungsfrist" folgende Formulierung:
"Ansprüche der Bank aus diesem Bürgschaftsvertrag verjähren nach Ablauf von 5 Jahren ..." (fortan: Klausel Nr. 4).
Mit Schreiben vom 21.9.2005 (Anlage K 7), bei der Klägerin eingegangen am 22.9.2005, erklärte der Beklagte die "fristlose Kündigung meiner Bürgschaft ... Hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich meine selbstschuldnerische Bürgschaft ... aus wichtigem und außerordentlichem Grund hiermit mit sofortiger Wirkung kündige. Ich habe die Fa. t. per 31.8.2005 als Geschäftsführer verlassen ..." Hierauf antwortete die Klägerin mit Schreiben vom 7.10.2005 (Anlage K 8): "Sofern Sie tatsächlich im Zeitpunkt ihrer Kündigung nicht mehr Gesellschafter der t. GmbH gewesen sein sollten, würden wir Ihre Kündigung der Bürgschaften als wirksam betrachten ...". Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass diese Voraussetzung tatsächlich vorgelegen hat.
Das Darlehen gemäß Anlage K 1 valutierte am 22.9.2005 mit mehr als 75.000 EUR, das Darlehen gemäß Anlage K 4 mit mehr als 400.000 EUR. Am 10.2.2010 valutierte das Darlehen gemäß Anlage K 1 mit 15.047,43 EUR, das Darlehen gemäß Anlage K 4 valutierte am 23.10.2010 mit 580.010,29 EUR, am 30.9.2008 dagegen mit 241.657,25 EUR; letzteres ist gleichzeitig der Allzeit-Tiefststand dieses Saldos.
Am 23.2.2010 kündigte die Klägerin gegenüber der Hauptschuldnerin die Darlehen und forderte sie zur Rückzahlung auf (Anlagen K 3 und K 6). Mit einem weiteren Schreiben vom 23.2.2010 (Anlage K 9) hat die Klägerin außerdem gegenüber dem Beklagten dessen Inanspruchnahme aus der Bürgschaft angekündigt. Am 1.4.2010 wurde über das Vermögen der...