Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 14.12.2005; Aktenzeichen 24 O 8547/05) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Streitwert: 108.922,66 EUR.
Gründe
I. Das LG München I hat mit Urteil vom 14.12.2005 die auf Zahlung von insgesamt 108.922,66 EUR aus 17 Gewährleistungsbürgschaften gerichtete Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgen die Klägerinnen die Klageforderung weiter.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des LG im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO mit folgenden Änderungen und Ergänzungen Bezug genommen:
Die Bauverträge enthalten jeweils unter § 13 Ziff. 2 und 3 bzw. Ziff. 13.2 und 13.3 oder Ziff. 12.2 und 12.3 (Anlagen K 11, K 74) folgende formularmäßige, seitens der Klagepartei vorgegebene Regelungen:
13.2 Die Sicherheit für die Gewährleistung beträgt 5 v.H. der Abrechnungssumme und wird mit der Schlussrechnung in Ansatz gebracht.
Während der Gewährleistungsfrist steht dem AN das Wahlrecht nach § 17 Nr. 3 VOB/B zu; wählt er Sicherheitsleistung durch Bürgschaft, so wird deren Form durch den AG wie folgt vorgegeben:
- Der Bürge übernimmt die Bürgschaft nach deutschem Recht,
- Auf die Einreden der Anfechtung und der Aufrechnung sowie der Vorausklage gem. §§ 770, 771 BGB wird verzichtet,
- Die Bürgschaft ist unbefristet; sie erlischt mit der Rückgabe der Bürgschaftsurkunde,
- Der Bürge verpflichtet sich zur Zahlung auf erste Anforderung.
13.3 Wird inhaltlich von der vorgegebenen Bürgschaft abgewichen wird diese zurückgewiesen.
Sämtliche Bürgschaftsformulare stammen von der Klägerin und wurden von ihr gestellt. In den Formularen gem. Anlagen K 8, K 13, K 41, K 45, K 53, K 57, K 58, K 59, K 68 und K 72 wurde der "Verzicht auf die Einrede der Anfechtung, Aufrechnung und Vorausklage der §§ 768, 770, 771, 776 BGB" bis zur Höhe der jeweiligen Bürgschaftssumme erklärt.
Die Berufungsklägerinnen sind der Auffassung, die den Auftragnehmern eingeräumte Wahlmöglichkeit, die Einzahlung des Sicherheitseinbehalts auf ein Sperrkonto verlangen zu können, stelle einen angemessenen Ausgleich im Hinblick auf die Nachteile einer Bürgschaft auf erstes Anfordern dar. Die Argumentation des LG, in der Praxis werde Sicherheit nahezu stets durch Bankbürgschaft geleistet, weshalb der Ausschluss der Sicherheitsleistung durch eine übliche selbstschuldnerische Bürgschaft bereits eine erhebliche Einschränkung des Wahlrechts des Auftragnehmers darstelle, sei nicht überzeugend. Wissenschaftliche Erhebungen darüber seien nicht bekannt; ob und wieweit die Praxis eine bestimmte Gestaltung bevorzuge, sei bei der Abwägung eines angemessenen Ausgleichs nicht zu berücksichtigen.
Durch die Einzahlung auf ein Sperrkonto sei dem Sicherheitsinteresse des Auftragnehmers bei unbekannten und riskanten Auftraggebern Genüge getan. Ihm fehle dann allerdings Liquidität. Entscheide er sich für eine Bürgschaft auf erstes Anfordern, erhalte er sofort liquide Mittel von bis zu 80 % der Bürgschaftssumme zur Verfügung gestellt, denn Kautionsversicherer verlangten als Sicherheit für die Übernahme einer Gewährleistungsbürgschaft lediglich, dass sie mit einem Gegenwert von 20-30 % gesichert werde. Deshalb spreche auch in finanzieller Sicht nichts gegen eine Benachteiligung des Auftragnehmers. Diese Auffassung werde durch ein Urteil des OLG Hamm vom 1.7.1997 (Baurecht 1998, 135) bestätigt. Auch das Kammergericht (Beschl. v. 2.12.2003, Az. 7 W 330/03) sehe keinen Verstoß gegen § 9 AGBG a.F., wenn dem Auftragnehmer neben der Bürgschaft auf erstes Anfordern wenigstens eine weitere der in § 17 Nr. 2 VOB/B vorgesehenen Sicherungsalternativen verbleibe. Da eine höchstrichterliche Entscheidung für die vorliegende Konstellation noch ausstehe, sei die Revision zuzulassen, wenn das OLG München von der kammergerichtlichen Entscheidung abweichen wolle.
Die Entscheidung des BGH vom 20.10.2005 (Az. VII ZR 153/04) relativiere die vorgenannten Entscheidungen nicht, denn sie betreffe eine andere Fallgestaltung: Dort habe der Einbehalt alternativ auf ein eigenes Verwahrkonto genommen werden können. Da der Sicherheitseinbehalt damit insgesamt beim Auftraggeber verbleibe, handele es sich um nichts anderes als einen Bareinbehalt. Hingegen handele es sich bei der Einzahlung auf ein Sperrkonto nicht um ein Verwahrkonto und damit nicht um Bargeld im weitesten Sinne.
Soweit das LG die Forderungen aus den Bürgschaften wegen des in den Bürgschaftsurkunden erfolgten Ausschlusses der Rechte aus § 768 BGB unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH für unberechtigt halte, verkenne es, dass der BGH (Baurecht 2001, 1093, 1095) über einen vertraglichen Ausschluss befunden habe. Vorliegend sei dagegen...