Leitsatz (amtlich)

1. Eine lange Trennungszeit allein genügt nicht für die Annahme einer unbilligen Härte i.S.d. § 1381 Abs. 1 BGB. Es müssen darüber hinaus Umstände vorliegen, die eine unbillige Härte begründen können.

2. Nach Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2002, 606 ff. Rz. 31 und 32) ist dies der Fall, wenn das Vermögen erst nach der Trennung erwirtschaftet wird und somit bei einer Wertsteigerung nach Trennung der Eheleute die innere Beziehung zur ehelichen Lebensgemeinschaft fehlt.

3. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der einzige Vermögensgegenstand, der eine außergewöhnliche Wertentwicklung erfahren hat, bereits während intakter Ehe angeschafft wurde, auch wenn die maßgebliche Wertsteigerung ohne Zutun der Ehegatten erst nach der Trennung erfolgt.

4. Der Maßstab der "unbilligen Härte" in § 27 VersAusglG und in § 1381 BGB sind von den Voraussetzungen nicht vollständig vergleichbar.

 

Verfahrensgang

AG München (Urteil vom 27.01.2009; Aktenzeichen 564 F 4900/07)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten hin wird das Schlussurteil des AG München vom 12.4.2012 in Ziff. 1 dahingehend abgeändert, dass das Teil-Versäumnisurteil des AG München 27.1.2009 in Ziff. 3. insoweit aufrechterhalten wird, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 344.175,90 EUR Zugewinnausgleich nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 28.4.2009 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 25 % und der Beklagte 75 %. Mit der Kostenentscheidung erster Instanz hat es sein Bewenden.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits Sicherheit in dieser Höhe leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht Zugewinnausgleichsansprüche gegen den Beklagten geltend. Die Parteien haben am 7.7.1972 vor dem Standesbeamten des Standesamts M. die Ehe miteinander geschlossen. Seit 1.1.1990 lebten die Eheleute von einander getrennt. Am 5.6.2007 wurde dem Beklagten der Scheidungsantrag im hiesigen Verfahren zugestellt. Mit Teil-Versäumnis- und Endurteil vom 27.1.2009 wurde die Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Weiter wurde in Ziff. 3 dieses Urteils durch Teil-Versäumnisurteil über den Zugewinnausgleich entschieden und der Klägerin antragsgemäß ein Zugewinn i.H.v. 596.938 EUR zugesprochen. Nach Einspruch des Beklagten vom 14.4.2009 war über das Teil-Versäumnisurteil zu entscheiden, soweit ein Betrag von mehr als 109.122,68 EUR zugesprochen worden war.

Das AG München hielt mit Schlussurteil vom 12.4.2012 das Teil-Versäumnisurteil vom 27.1.2009 in Ziff. 3 insoweit aufrecht, als der Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 456.997,87 EUR Zugewinnausgleich nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 28.4.2009 zu bezahlen. Im Übrigen wurde das Teil-Versäumnisurteil vom 27.1.2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Insoweit wird auf das Schlussurteil vom 12.4.2012 (Bl. 326/335 d.A.) inhaltlich Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Unstreitig hatte die Klägerin kein Anfangsvermögen, ihr Endvermögen zum 5.6.2007 beläuft sich unstreitig auf 47.274,45 EUR.

Unstreitig hatte auch der Beklagte kein Anfangsvermögen. Dem Anfangsvermögen des Beklagten ist gem. § 1374 Abs. 2 BGB unstreitig eine am 4.6.1996 angefallene Erbschaft der Mutter i.H.v. 240.000 DM zuzurechnen. Auch das Endvermögen ist - mit Ausnahme der drei Grundstücke am ... see - i.H.v. 102.502,19 EUR für das restliche Vermögen sowie mit Schulden i.H.v. 2.553,94 EUR unstreitig.

Umstritten ist die Bewertung von drei Grundstücken am ... see im Anfangs- und Endvermögen, welche der Beklagte am 14.10.1982 von seiner Mutter geschenkt erhalten hat. Es handelt sich um das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück S. leite 16 (Flurstück Nr ... 8/5), welches am 14.10.1982 noch mit einem Nießbrauch zugunsten der Mutter belastet war. Gemäß dem Löschungsantrag vom 14.6.1984 (Bl. 318 d.A.) hieß es in dieser Urkunde: "Das Recht wurde mit Wirkung ab Bestellung bereits aufgehoben." Am 29.6.1984 wurde auch der Nießbrauch zugunsten der Mutter im Grundbuch gelöscht. Lediglich der indexierte Wert des Nießbrauchs am 29.6.1984 ist mit 225.682 EUR unstreitig. Weiter handelt es sich um die beiden zum See hin angrenzenden Grundstücke mit den Flurnummern ... 80 sowie ... 79 und ... 79/1 (die beiden letztgenannten Flurnummern liegen auf einem Grundstück), welche mit einem Bootshaus und einem Badehaus bebaut sind.

Der Beklagte trägt im Rahmen seiner Berufung vor, das AG habe die Löschung des Nießbrauchs am 29.6.1984 zu Unrecht wegen § 296 ZPO nicht berücksichtigt, da es zu Unrecht von einem neuen Tatsachenvortrag im Schriftsatz vom 28.3.2012 ausging. Daraus ergebe sich eine Erhöhung des Anfangsvermögens. Der Nießbrauch hätte von vornherein nicht abgezogen werden dürfen, da es in der...

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