Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausweis. Urkundenfälschung. Informationshintergrund. behördliches Dokument. Staatsangehörigkeit. Freies Deutschland. Daten. unechte Urkunde

 

Leitsatz (amtlich)

Die Herstellung von "Ausweisen" der "Republik Freies Deutschland" kann eine Urkundenfälschung darstellen, sofern bei oberflächlicher Betrachtung oder bei Betrachtung ohne ausreichenden Bildungs- und Informationshintergrund der Anschein eines gültigen behördlichen Dokuments erweckt wird.

 

Normenkette

StGB § 267 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Entscheidung vom 31.07.2017; Aktenzeichen 4 Ns 113 Js 8021/13)

 

Tenor

  • I.

    Die Revisionen der Angeklagten H... und O... gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 31. Juli 2017 werden als unbegründet verworfen.

  • II.

    Die Angeklagten H... und O... haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

  • III.

    Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 31. Juli 2017 hinsichtlich der Teilfreisprüche, soweit die Angeklagten H..., B... und O... nicht wegen versuchter Urkundenfälschungen in drei tatmehrheitlichen Fällen verurteilt wurden, sowie im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.

  • IV.

    Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird als unbegründet verworfen.

  • V.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Memmingen verwiesen.

 

Gründe

I.

1. Das Amtsgericht Günzburg hat durch drei gesonderte Urteile die Angeklagten jeweils wegen Urkundenfälschung in vier selbstständigen Fällen schuldig gesprochen. Gegen den Angeklagten B... hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr sowie eine Einzelfreiheitsstrafe von vier Monaten, gegen die Angeklagte H... eine Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 40 Euro sowie gegen den Angeklagten O... eine Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verhängt.

Den Schuldsprüchen lag jeweils zugrunde, dass die Angeklagten als Führungspersonen (die Angeklagte H... als Verantwortliche für den Finanzverkehr, der Angeklagte O... als "Minister für Haushalt und Finanzen", der Angeklagte B... als "Staatssekretär Haushalt und der Hauptverwaltung" und zugleich "Leiter des Passamts") der am 1.5.2012 gegründeten Organisation "Republik Freies Deutschland (RFD)" Druckaufträge für "Ausweise" erteilt haben sollen, die am 6.10.2012, 11.11.2012, 3.1.2013 sowie im Juli 2013 ausgeführt worden sein sollen.

2. Gegen diese Urteile haben sowohl die Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft Berufung bzw. Rechtsmittel eingelegt. Nach Verbindung und durchgeführter Hauptverhandlung hat das Landgericht Memmingen auf die Berufung der Angeklagten mit Urteil vom 31. Juli 2017 die Urteile des Amtsgerichts Günzburg aufgehoben und die Angeklagten lediglich wegen einer einzigen Urkundenfälschung verurteilt und im Übrigen freigesprochen. Gegen die Angeklagte H... wurde eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 25 Euro, gegen den Angeklagten O... eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro sowie gegen den Angeklagten B... eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, ausgesprochen. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde verworfen.

3. Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen der Angeklagten H... und O.... Außerdem hat die Staatsanwaltschaft Revision hinsichtlich aller drei Angeklagten eingelegt. Diese Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich ausweislich ihrer Begründung gegen die Teilfreisprüche und die fehlende Annahme von Gewerbsmäßigkeit.

II.

1. Die zulässige Revision der Angeklagten ist unbegründet.

a) Hinsichtlich der Protokollierungsrüge wird auf die entsprechenden Ausführungen in der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 11. Juni 2016, dort unter C.I. verwiesen.

b) Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Urkundenfälschung gem. § 267 Abs. 1 StGB.

aa) Das vom Landgericht festgestellte Aussehen der am 6.10.2012 gefertigten Ausweise erfüllt den Urkundencharakter.

(1) Das Landgericht hat zum Aussehen der "Ausweise" ausgeführt (BU S. 13 und 14):

"Es handelt sich um blaue Plastikauswelse In der Stärke und Im Format von Scheckkarten, d. h. 8,6 cm x 5,4 cm. Auf der Vorderselte befindet sich In der linken oberen Ecke auf dunkelblauem Hintergrund ein 8 mm großer Adler, ähnlich dem Reichsadler aus dem Kaiserreich, jedoch ohne Krone. Zur linken und zur rechten Seite des Reichsadlers sind jeweils 13 weiße Sterne ersichtlich, möglicherweise als Symbole für die Staaten der Europäischen Union. Unter dem Reichsadler befindet sich das farbige Passbild des jeweiligen Ausweisinhabers mit einer Größe von 1,9 x 2,5 mm. Überschrieben ist der "Ausweis" mit "Republik Freies Deutschland", darunter die Übersetzung davon auf Englisch und Französisch. Darunter steht die Dokumentenbezeichnung "Ausweis", rechts daneben eine 10-stellige Seriennummer. Unter "Ausweis" findet sich der Familienname, darunter der Vorname, gefolgt von Geburtstag und -ort. ...

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