Leitsatz (amtlich)

1) Wird in zweiter Instanz vom Kläger und Berufungskläger die Verurteilung eines zweiten Beklagten nur noch hilfsweise für den Fall beantragt, dass die Berufung bezüglich des ersten Beklagten, der kein notwendiger Streitgenosse ist, keinen Erfolg hat, ist die Berufung hinsichtlich des zweiten Beklagten unzulässig.

2) Ein anerkennenswertes lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers, das eine Beeinträchtigungsabsicht nach § 2287 Abs. 1 BGB ausschließt, kann vorliegen, wenn der Erblasser seinem Sohn eine Wohnung im gemeinsam bewohnten Haus schenkt, da der Sohn dringend auf psychische und finanzielle Unterstützung angewiesen ist.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 09.07.2013; Aktenzeichen 12 O 21837/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG München I vom 9.7.2013 - 12 O 21837/09, in Ziff. I dahingehend abgeändert, dass der Beklagte zu 2) verurteilt wird, an den Kläger weitere 12.030,79 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.8.2009 zu bezahlen.

2. Im Übrigen werden die Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten zu 2) zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), zu 3) und zu 4).

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) in erster Instanz trägt der Kläger 85 %, der Beklagte zu 2) 15 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster Instanz und die Gerichtskosten in erster Instanz tragen der Kläger zu 85 %, der Beklagte zu 2) zu 15 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) im Berufungsverfahren tragen der Kläger und der Beklagte zu 2) je 50 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers und die Gerichtskosten im Berufungsverfahren tragen der Kläger zu 73 % und der Beklagte zu 2) zu 27 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) Ansprüche wegen beeinträchtigender Schenkungen geltend.

Der Kläger, die Beklagten zu 1) und 2), die in zweiter Instanz nicht mehr beteiligten Beklagten zu 3) und 4) sowie Frau Dagmar H. sind Geschwister. Ihre Eltern hatten im Jahr 1967 einen Erbvertrag geschlossen, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre sechs Kinder als Erben nach dem Letztverstorbenen zu je 1/6 einsetzten. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K 1. Der Vater der Parteien verstarb im Jahr 1968. Pflichtteilsansprüche gegen die Mutter wurden zunächst nicht geltend gemacht.

Wesentlicher Teil des Vermögens der Eltern war ein Haus mit Grundstück in der E. Str. 36 in M. Die Mutter der Parteien lebte im 1. Stock. Mit Vertag vom 5.8.1994 zwischen der Mutter und dem Beklagten zu 1) wurde zunächst das Haus pro Stockwerk in eine Wohnung, insgesamt in drei Wohnungen aufgeteilt. Sodann vereinbarten die Mutter und der Beklagte zu 1) die Übertragung des Eigentums an der Wohnung im 2. Stock/Dachgeschoss (Wohnungseinheit Nr. 3) "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich und schenkungsweise, d.h. ohne Gegenleistungen" auf den Beklagten zu 1). Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K 2. Der Beklagte zu 1) war bereits 1990 in die Wohnung gezogen.

Mit Vertrag vom 16.10.1997 vereinbarte die Mutter der Parteien mit dem Beklagten zu 2), diesem das Eigentum an den Wohnungen im Erdgeschoss (Einheit Nr. 1) und 1. Stock (Einheit Nr. 2) des Wohnhauses "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich und schenkungsweise" zu übertragen, wobei sie sich auf Lebenszeit den Nießbrauch vorbehielt. Außerdem wurde ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot und ein Rückübertragungsanspruch der Mutter geregelt. Wegen der Details wird Bezug genommen auf die Anlage K 3, insbesondere unter IV Ziff. 1) bis 4).

Mit Vertrag vom 29.12.2004 zwischen den Beklagten zu 1) bis 4) und ihrer Mutter wurde die im Erdgeschoss befindliche Wohnung in zwei getrennte Wohnungseinheiten aufgeteilt (Einheit Nr. 1 - neu - und Nr. 4). Das Eigentum an der neuen Wohnungseinheit Nr. 1 übertrug der Beklagte zu 2) mit Zustimmung seiner Mutter an den Beklagten zu 3), die Wohnungseinheit Nr. 4 an die Beklagte zu 4). Dabei verzichtete die Mutter der Parteien auf den Nießbrauch an der Wohnungseinheit Nr. 4. Weiter ist in der Vertragsurkunde geregelt, die Überlassung der Wohnungseigentumseinheiten erfolge im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Anrechnung auf das gesetzliche Pflichtteilsrecht am künftigen Nachlass der Mutter. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K 5.

Sämtliche Eigentumsübertragungen wurden auch vollzogen.

Die Mutter der Parteien starb am 7.1.2009. Bei ihrem Tod bestand ihr Nachlass im Wesentlichen aus Bank- und Barvermögen, Einrichtungsgegenständen und Schmuck im Wert ...

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