Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 25.02.1997; Aktenzeichen 4 O 21961/96) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers hin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 25.02.1997 dahingehend abgeändert, daß die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger DM 25.200,- nebst 4 % Zinsen hieraus seit 09.10.1996 zu zahlen und die Klage im übrigen abgewiesen wird.
Im übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
II.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 10 %, die Beklagte 90 %.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Beschwer beider Parteien liegt jeweils unter DM 60.000,-.
Tatbestand
Der Kläger hat bei der Beklagten zwei Unfallversicherungen abgeschlossen und begehrt hieraus Versicherungsleistungen für einen Vorfall beim Handballtraining am 03.05.1995, bei dem das rechte Knie des Klägers beschädigt wurde.
Der Kläger führt dies auf die ungünstige Bodenbeschaffenheit ("stumpf") zurück, die Beklagte verneint einen Versicherungsfall, da der Kläger sich lediglich ungeschickt bewegt habe.
Der Kläger nahm am 3.5.95 in der Halle seines Sportvereins am Handballtraining teil. Geübt wurde das Vorbeilaufen am Gegner nach Körpertäuschung.
Der Kläger lief mit dem Ball auf seinen Gegenspieler zu, machte eine leichte seitliche Körpertäuschung nach links, um dann, nachdem der Gegenspieler dieser Finte folgend, sein Gewicht ebenfalls nach links verlagert hatte, rechts am Gegenspieler vorbeizulaufen. In dem Moment, als der Kläger am Gegenspieler vorbeilaufen wollte, verletzte er sich. Der Kläger trug vor, er sei mit dem rechten Fuß am "stumpfen Hallenboden" hängengeblieben, habe sich dabei das rechte Knie so verdreht, daß er sofort einen starken, stechenden Schmerz empfunden habe. Das Knie sei innerhalb kurzer Zeit dick angeschwollen, das Training habe er sofort abgebrochen.
Der Kläger behauptet, eine dauerhafte Beeinträchtigung des rechten Beins in Höhe von 20 % erlitten zu haben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Der Senat hat eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt zur Bodenbeschaffenheit und ein Sachverständigengutachten erholt zur Frage der Funktionsbeeinträchtigung am klägerischen Knie.
Von der weiteren Fertigung des Tatbestands wird abgesehen, § 543 I ZPO.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet.
I.
1.
Unstreitig hat der Kläger am 16.02.1994 zwei Einzelunfallversicherungen bei der Beklagten über DM 104.900,- bzw. DM 95.100,- abgeschlossen.
2.
Hiernach hat die Beklagte Versicherungsleistungen für einen Unfall zu gewähren. Nach § 1 III AUB 88 liegt ein Unfall vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet.
Auch eigene Bewegungen des Verletzten können Unfälle bewirken, wenn die Gesundheitsbeschädigung zusammen mit einer äußeren Einwirkung ausgelöst wurde (Prölss/Martin, VVG, 25. Aufl., § 1 AUB 88, 3 a (S. 2035)). Als Beispiele gelten hierzu das Umknicken des Fußes an einer Bordsteinkante, das Umknicken infolge einer Bodenvertiefung, Auftreten auf eine Bodenunebenheit etc. (Prölss/Martin, a.a.O.).
Auch eine besonders ungünstige Bodenbeschaffenheit (ebenso wie eine Bodenunebenheit) kann hierzu genügen. So liegen die Dinge hier: Der Kläger hat schon in der Klageschrift geltend gemacht, er sei am "stumpfen Hallenboden" hängen geblieben und habe sich bei einem Täuschungsmanöver das Bein verdreht. Dies hat der Kläger auf Seite 2 der Klageschrift unter Beweis gestellt. Die gebotene Beweisaufnahme hat nunmehr der Senat nachgeholt und hierzu die benannten sechs Zeugen vernommen.
Der Zeuge ... gab an, der Boden sei stumpf gewesen. Darunter verstehe er, wenn man plötzlich aus dem Lauf stehen bleibe, knicke man um, da stehe man schlagartig, es sei also anders als beim Parkett, wo man noch etwas ausgleiten könne. Dem Zeugen sei noch in Erinnerung, daß in der betroffenen Sporthalle auch einmal die Nationalmannschaft trainiert habe, die dann aber wegen der Bodenbeschaffenheit und der diesbezüglichen Verletzungsgefahr woanders hingegangen sei zum Trainieren (Bl. 59 d.A.).
Der Zeuge ... gab an, der Boden sei am Unfalltag stumpf gewesen, wobei er unter stumpf verstehe, daß ein Gleiten nicht möglich sei. Man habe den Eindruck, daß man beim Richtungswechsel am Boden kleben bleibe. Es bestehe die Gefahr des Umknickens, was auch dem Zeugen schon des öfteren in dieser Halle passiert sei (Bl. 61 d.A.).
Der Zeuge ... gab an, der Boden sei stumpf gewesen, worunter er verstehe, daß man, wenn man einen Ausfallschritt mache, mit dem Schuh nicht rutschen könne, der Schuh bleibe haften, es bestehe die Gefahr, daß das Knie verdreht werde oder man umknicke (Bl. 62 d.A.). Er selbst habe auch vor etwa fünf Jahren einen ähnlichen Unfall gehabt in derselben Halle. Damals habe man Sidesteps geübt, wobei er umgeknickt sei und sich dabei das Kreuzband im Knie gerissen habe. Es habe sich um eine ähnliche Übung gehandelt, wie am vorliegenden Unfall...