Leitsatz (amtlich)
Die Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund führt bei Fortbestand des Dienstverhältnisses zu einer Unmöglichkeit der Dienstleistung gemäß § 297 BGB. Dadurch wird jedoch nicht die Anwendung von § 615 BGB ausgeschlossen.
Eine Konkurrenztätigkeit des abberufenen Geschäftsführers begründet im Rahmen der Gesamtschau weder per se eine Unzumutbarkeit der Entgegennahme der Dienste durch den Dienstberechtigten im Rahmen des Annahmeverzuges, noch führt sie zu einer Verwirkung gemäß § 242 BGB der Vergütungsansprüche aus dem fortbestehendem Dienstvertrag. Hieraus können sich allenfalls Unterlassungs- und vor allem Schadensersatzansprüche ergeben.
Verfahrensgang
LG Traunstein (Urteil vom 04.05.2015; Aktenzeichen 7 O 804/13) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Traunstein vom 04.05.2015, Az. 7 O 804/13, dahingehend abgeändert, dass die Beklagte wie folgt verurteilt wird:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 26.995,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 12.723,09 seit dem 27.05.2010 sowie aus EUR 14.272,11 seit dem 27.06.2010 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.067,60 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.04.2010 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 85.953,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils EUR 14.325,50 seit dem 27.07.2010, seit dem 27.08.2010, seit dem 27.09.2010, seit dem 27.10.2010, seit dem 27.11.2010 und seit dem 27.12.2010 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3, die Beklagte 2/3.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt nach seiner Abberufung als Geschäftsführer die Zahlung rückständiger Geschäftsführervergütung für den Zeitraum von März bis Dezember 2010.
Die Beklagte ist ein Unternehmen im Bereich der Transport-, Speditions- und Logistikdienstleistungen. An der Beklagten waren am 25.02.2010 zu gleichen Teilen der Kläger sowie Franz W. und Bernhard R. beteiligt. Darüber hinaus waren sowohl der Kläger als auch seine beiden Mitgesellschafter jeweils einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer.
Die Satzung der Beklagten (Anlage L1) enthält unter anderem folgende Regelung:
"§ 6
Geschäftsführer
Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Die Gesellschafterversammlung bestimmt die Zahl der Geschäftsführer, ernennt sie und schließt die Anstellungsverträge der Geschäftsführer ab, ändert und beendet sie."
Wegen der weiteren Bestimmungen der Satzung wird Bezug genommen auf die Anlage L1.
Der Geschäftsführervertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten vom 14.10.1999 (Anlage K1) enthält folgende Regelung:
"§ 9 Vertragsdauer und -beendigung
1. Der Vertrag beginnt am 01.10.1999.
Das Dienstverhältnis rechnet ab 01.10.1980.
2. Es gilt beiderseits eine Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Halbjahresschluss.
Die beiderseitige Kündigungsfrist verlängert sich nach Vollendung Ihres 50. Lebensjahres und nach 10 Dienstjahren auf 9 Monate zum Halbjahresschluss.
Solange der Geschäftsführer auch Gesellschafter ist, darf eine Kündigung dieses Vertrages durch den Arbeitsgeber aus wichtigem Grund, der in der Person des Geschäftsführers seine Ursache haben muss, erfolgen. Diese Regelung entspricht der Vorschrift in der Satzung der Gesellschaft, Abschnitt "Anstellungsverträge".
Ein wichtiger Grund liegt für die Gesellschaft insbesondere vor, wenn der Geschäftsführer als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet.
3. Die Kündigung ist schriftlich durch Einschreibebrief auszusprechen. Der Geschäftsführer hat seinerseits sein Kündigungsschreiben an jeden einzelnen Gesellschafter zu richten. Für die Fristwahrung ist die Absendung der Kündigung maßgebend.
4. Die Abberufung des Geschäftsführers als Geschäftsführer ist nur aus wichtigem Grund zulässig. Die Abberufung ist schriftlich auszusprechen. Das Anstellungsverhältnis wird dadurch nicht berührt.
5. Der Vertrag endet in jedem Fall mit Ablauf des Monats, in dem der Geschäftsführer das 65. Lebensjahr vollendet."
Wegen der weiteren Regelungen wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.
Der Kläger kündigte den Geschäftsführerdienstvertrag am 16.12.2009 zum 31.12.2010, nachdem es ab Ende des Jahres 2009 zwischen den drei Gesellschaftern zu Unstimmigkeiten über die zukünftige Geschäftspolitik des Unternehmens gekommen war. Die nachfolgenden Verhandlungen über eine einvernehmliche Lösung scheiterten im Lauf des Januar 2010.
Daraufhin lud der Gesellschafter Bernhard R. mit Schreiben vom 26.01.2010 z...