Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarzan of the Apes
Leitsatz (amtlich)
Zur Länge der urheberrechtlichen Schutzfrist für in den USA erstveröffentlichte Werke in Deutschland.
Normenkette
Übereinkommen zwischen dem Deutschen Reich und den USA über den gegenseitigen Schutz der Urheberrechte Art. 1 Fassung: 1892-01-15; WUA Art. IV, Art. XIX; RBÜ Art. 3 Abs. 4, Art. 5 Abs. 4, Art. 7 Abs. 8, Art. 18; UrhG §§ 64, 121, 140, 143; MarkenG § 23 Nr. 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 10.05.2012; Aktenzeichen 7 O 12292/11) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG München I vom 10.5.2012 aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche wegen einer Verfilmung und filmischen Auswertung des Romans "Tarzan of the Apes" des Autors Edgar Rice Burroughs in Deutschland zustehen.
III. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin keine Ansprüche wegen der Verwendung der Bezeichnungen "Tarzan", "Tarzan of the Apes" oder "Tarzan bei den Affen" als Titel oder Titelbestandteil zur Bezeichnung einer Verfilmung des Romans "Tarzan of the Apes" des Autors Edgar Rice Burroughs in Deutschland zustehen.
IV. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
V. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
VI. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten um das Recht der Klägerin, den Roman "Tarzan of the Apes" zu verfilmen.
Die Klägerin ist ein in München ansässiges Filmproduktionsunternehmen. Die Beklagte ist eine im Jahre 1923 in Kalifornien gegründete Gesellschaft, deren Gegenstand die Verwaltung von Werken des amerikanischen Autors Edgar Rice Burroughs ist.
Die Klägerin beabsichtigt eine Verfilmung des Romans "Tarzan of the Apes" (deutscher Titel: "Tarzan bei den Affen"). Das am 10.9.1912 in den USA veröffentlichte Werk stammt von dem am 19.3.1950 verstorbenen US-amerikanischen Autor Edgar Rice Burroughs.
Der streitgegenständliche Roman wurde am 10.9.1912 zur Eintragung nach den Bestimmungen des amerikanischen Urhebergesetzes angemeldet. Laut Bestätigung des US-Copyright Office wurde die Registrierung am 13.11.1939 erneuert (Anlage B 10).
Edgar Rice Burroughs hatte zunächst seine Rechte an dem Werk "Tarzan of the Apes" an den Verlag F. Company veräußert. Dieser Verlag hat am 27.1.1913 die Rechte an Edgar Rice Burroughs zurückübertragen. Ausgenommen hiervon waren lediglich die sog. "Serial Rights", also die Rechte zur Veröffentlichung des Werks in einer periodisch erscheinenden Sammlung. Edgar Rice Burroughs hat durch Vertrag vom 2.4.1923 sämtliche Rechte an den von ihm verfassten Sprachwerken auf die Beklagte übertragen.
Die Parteien haben vorprozessual Korrespondenz geführt, in der sich die Beklagte sowohl gegen die beabsichtigte Filmproduktion als auch gegen die Verwendung des Titels "Tarzan", "Tarzan of the Apes" oder "Tarzan bei den Affen" unter Berufung auf entgegenstehende Rechte gewandt hat.
Die Klägerin ist der Ansicht, das Werk "Tarzan of the Apes" sei in Deutschland nur bis zum 31.12.2000 geschützt gewesen und daher nunmehr gemeinfrei. Ebenso stünden der Beklagten keine Ansprüche im Falle der Verwendung des Titels zu.
Gemäß § 121 Abs. 4 Satz 1 UrhG komme es für den urheberrechtlichen Schutz auf die zwischen den USA und Deutschland geschlossenen Staatsverträge an.
Die Revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ) sei vorliegend nicht anwendbar, da nach Art. 18 Abs. 1 RBÜ diese Übereinkunft nur für Werke gelte, die bei ihrem In-Kraft-Treten noch nicht infolge Ablaufs der Schutzdauer im Ursprungsland Gemeingut geworden seien. Nach Art. 18 Abs. 4 RBÜ gelte dies auch, wenn ein Land dem Verband neu beitrete. Zum Zeitpunkt des Beitritts der USA zum RBÜ am 1.3.1989 sei das Werk "Tarzan of the Apes" in den USA bereits gemeinfrei gewesen, da der Urheberschutz für das 1912 veröffentlichte Werk in den USA bereits zum 31.12.1987 abgelaufen sei. Darauf, ob das Werk tatsächlich, wie von der Beklagten behauptet, zwischen dem 11.9.1912 und dem 17.9.1912 im Vereinigten Königreich veröffentlicht worden sei, komme es nach der Rechtsprechung des BGH (BGH GRUR 1986, 69 ff. - Puccini) nicht an, da die angebliche Veröffentlichung unstreitig später als in den USA erfolgt sei.
Maßgeblich für den Urheberschutz des streitgegenständlichen Werks in Deutschland sei das zwischen Deutschland und den USA am 16.9.1955 in Kraft getretene Welturheberrechtsabkommen (WUA). Nach Art. XIX Satz 1 WUA lasse das WUA Verträge oder Vereinbarungen unberührt, die zwischen den USA und Deutschland in Kraft getreten seien. Im Fall einer in solchen Verträgen oder Vereinbarungen enthaltenen Abweichung zu den Bestimmungen des WUA komme dem WUA gem. Art. XIX Satz 2 WUA der Vorrang zu. Eine...