Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadenersatz bei Verkehrsunfall mit Personenschaden: Bemessung des Schmerzensgelds bei Erwerbsunfähigkeit wegen körperlicher und psychischer Dauerfolgen
Normenkette
BGB § 253 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Passau (Urteil vom 02.07.2010; Aktenzeichen 3 O 309/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers vom 21.7.2010 - soweit darüber nicht durch Beschluss vom 16.11.2010 entschieden wurde - wird das Endurteil des LG Passau vom 2.7.2010 (Az. 3 O 309/08) in Ziff. II.1. dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld von 60.000 EUR zu bezahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 80.000 EUR vom 3.5.2009 bis 25.6.2010, aus einem Betrag von 75.000 EUR vom 26.6.2010 bis 31.7.2010, aus einem Betrag von 70.000 EUR vom 1.8.2010 bis 15.2.2011 und aus einem Betrag von 60.000 EUR seit 16.2.2011.
Die weiter gehende Berufung wird, soweit sie auf Zahlung weiteren Schmerzensgeldes gerichtet ist, zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung über die Kosten auch des Berufungsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche des Klägers auf Verdienstausfall, Schmerzensgeld, Ersatz des Haushaltsführungsschadens sowie Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich der materiellen und immateriellen Zukunftsschäden des Klägers aus einem von der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltung mit Bescheid vom 27.11.2008 als Arbeitsunfall (Wegeunfall) anerkannten Verkehrsunfall vom 28.5.2006, bei welchem der Kläger als Motorradfahrer durch den Pkw des Versicherungsnehmers der Rechtsvorgängerin der Beklagten verletzt wurde, als dieser nach links abbog. Die Alleinhaftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Der Kläger erlitt eine Wirbelsäulenprellung, eine Prellung des linken Knies, eine Thoraxprellung links sowie eine Prellung des linken Ellenbogens. Wegen eines verbliebenen Taubheitsgefühls in den Fingern 4 und 5 der linken Hand unterzog sich der Kläger im September 2006 im Klinikum P. einer Operation mit subkutaner Vorverlagerung des nervus ulnaris links in Höhe des Ellenbogens. Weitergehende unfallbedingte Verletzungen und Verletzungsfolgen sind streitig, insbesondere eine Schädigung des Armnervengeflechts des linken Armes mit Sensibilitätsstörung auch des Fingers 3, Schulterbeschwerden und eine zur Erwerbsunfähigkeit führende Schmerzmittelabhängigkeit. Der Kläger, von Beruf Lkw-Fahrer, verlor nach dem Unfall seine Arbeitsstelle. Im Mai 2008 endete nach langjähriger Beschäftigung das Arbeitsverhältnis bei der Firma D. Transport. Ab 1.6.2008 war der Kläger bei der Firma B. beschäftigt und vom 4.8.2008 bis 27.9.2008 bei der Firma L. GmbH, jeweils als Lkw-Fahrer. Nach Beendigung der Beschäftigung meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt und ist seither arbeitslos.
Mit Bescheid vom 3.3.2010 gewährte die Berufsgenossenschaft dem Kläger Verletztenrente i.H.v. 208,19 EUR monatlich, welchen der Kläger mit dem Ziel der Gewährung einer höheren Rente wegen weiter gehender Minderung der Erwerbsfähigkeit angriff. Die Klage ist vor dem Sozialgericht Landshut, Az. S 9 U 163/10 anhängig. Mit Bescheid vom 30.8.2011 wurde dem Kläger die zugebilligte Rente entzogen und ab 1.10.2011 keine Rente mehr gewährt, der Kläger erhob auch insoweit Klage vor dem Sozialgericht Landshut, Az. S 9 U 132/12. Seit 1.10.2011 erhält der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Hartz IV, zuletzt 418 EUR für sich und 103 EUR für seinen Sohn. Derzeit lebt der Kläger mit seinem Sohn bei seinen Eltern.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die V. D. S. AG, bezahlte auf den Schmerzensgeldanspruch vorprozessual 5.000 EUR und am 21.10.2009 weitere 5.000 EUR zur freien Verrechnung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Vorbehalt der Rückforderung auf Grund eines Vergleichs in einem zwischen den Parteien anhängigen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Erwerbsschadensrente auf den Hauptsachebetrag (Bl. 104/106 d.A.). Diese Zahlung wurde seitens der Rechtsvorgängerin der Beklagten in mündlicher Verhandlung vom 25.6.2010 (Bl. 169 d.A.) auf den Schmerzensgeldanspruch verrechnet. Die auf Grund des Urteils des LG Passau ausgeurteilten weiteren 5.000 EUR wurden von der Beklagten ebenfalls bezahlt und eine weitere Vorschusszahlung auf das Schmerzensgeld erfolgte am 15.2.2011 i.H.v. 10.000 EUR mit Schreiben vom gleichen Tag (Anl. B 22 zum Schriftsatz der Klagepartei v. 16.2.2011 = Bl. 261/263 d.A.). Weitere Zahlungen auf den Schmerzensgeldanspruch erfolgten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht.
Mit Urteil des LG Passau vom 2.7.2010 wurde der Klage ...