Leitsatz (amtlich)
Eine Abfindungsregelung im Gesellschaftsvertrag einer KG ist nicht bereits deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil der danach an den ausscheidenden Gesellschafter zu zahlende Abfindungsbetrag den tatsächlichen Wert des Anteils deutlich übersteigt.
Der Rechtsgedanke des § 723 Abs. 3 BGB ist auf diesen Fall nicht übertragbar.
Verfahrensgang
LG Passau (Urteil vom 12.08.2004; Aktenzeichen 1 HKO 958/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Passau vom 12.8.2004 dahin abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger insgesamt 5.072.806,35 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
aus 6.345.162,18 EUR vom 1.2.2001-31.12.2002,
aus 5.072.806,35 EUR vom 1.1.2003-31.12.2003,
aus 3.800.450,52 EUR vom 1.1.2004-31.12.2004,
aus 2.528.094,62 EUR vom 1.1.2005-31.12.2005,
aus 1.255.738,86 EUR ab 1.1.2006 und i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.255.738,86 EUR vom 1.1.2003-31.12.2003,
aus 2.528.094,69 EUR vom 1.1.2004-31.12.2004,
aus 3.800.450,52 EUR vom 1.1.2005-31.12.2005 und aus 5.072.806,35 EUR ab 1.1.2006 zu bezahlen.
Im Übrigen werden die Berufungen des Klägers und des Beklagten zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 1 % und der Beklagte 99 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht jeweils die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger und der Beklagte sind Brüder. Sie waren die alleinigen Gesellschafter der F.R. KG mit Sitz in Po. Die Gesellschaft war durch Umwandlung des Einzelunternehmens des Vaters der Parteien in die Eisen-R. KG mit Wirkung zum 1.1.1960 entstanden. Der Kläger war mit Wirkung zu diesem Zeitpunkt als Kommanditist mit einer Beteiligung von 40 % am Gesellschaftsvermögen in die Kommanditgesellschaft eingetreten.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 15.11.1973 (Anlage B1) schieden die Eltern der Parteien aus der Gesellschaft aus und übertrugen ihre Anteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Söhne in der Weise, dass der Kläger 2/3 der Anteile und der Beklagte 1/3 der Anteile erhielten.
Die Parteien schlossen am selben Tag einen Gesellschaftsvertrag (Anlage K2), nach dem der Kläger als Komplementär der Gesellschaft eine unveränderliche Einlage von 200.000 DM und der Beklagte als Kommanditist eine Einlage i.H.v. 100.000 DM übernahm. Gegenstand des Unternehmens war nach § 2 des Gesellschaftsvertrages die Verwaltung eines Einkaufszentrums in Po. (im Folgenden E.). Darüber hinaus verwaltet die Gesellschaft auch das als "E.-Möbelmarkt" bezeichnete Anwesen Gewerbering ... in Po.
Die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft bestand vorwiegend in der Verwaltung von Gewerbeflächen und der damit verbundenen Tätigkeiten. Die Einnahmen der Gesellschaft bestanden nahezu ausschließlich aus den Mieten, die von den jeweiligen Mietern der Gewerbeflächen zu entrichten waren. Die erzielten Jahresüberschüsse betrugen 1997 441.348,39 DM, 1998 757.419,04 DM, 1999 821.284,51 DM und 2000 970.015,17 DM.
Nach § 5 Ziff. 2 des Gesellschaftsvertrages kann die Gesellschaft nicht gekündigt werden, solange ein Elternteil am Leben ist, und auch nach dem Tode der Eltern nicht vor dem 31.12.1985. Gemäß § 5 Ziff. 3 kann nach dem 31.12.1985 jeder Gesellschafter unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten zum Schluss eines Geschäftsjahres mit eingeschriebenem Brief kündigen. Der verbleibende Gesellschafter hat das Recht, die Gesellschaft in eine Einzelfirma umzuwandeln und diese allein weiter zu führen.
§ 16 lautet wie folgt:
"§ 16 Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters
1. Scheidet ein Gesellschafter aus, so berechnet sich sein Ausscheidungsguthaben wie folgt:
a) Die Sollmiete im letzten Monat vor dem Ausscheiden (eigengenutzte Flächen sind mit den marktüblichen Mietbetrag anzusetzen) wird auf eine Jahresmiete umgerechnet.
b) Die Jahresmiete wird mit einem Zinssatz kapitalisiert, welcher 5 % über dem Diskontsatz zum Zeitpunkt des Ausscheidenden liegt.
c) Aus dem kapitalisierten Wert errechnet sich mit dem jeweiligen Anteil das Ausscheidungsguthaben.
2. Das Ausscheidungsguthaben ist zur Vermeidung einer Betriebsgefährdung von 5 gleichen Jahresraten (erstmals 12 Monate nach dem Ausscheiden) jeweils am Ende des Kalenderjahres auszuzahlen. Das Guthaben ist vom Zeitpunkt des Ausscheidens mit 4 % über dem jeweiligen Diskontsatz zu verzinsen."
Gemäß § 3 Ziff. 4 des Gesellschaftsvertrages sind die über die Festeinlage hinausgehenden Beträge, Gewinn- und Verlustanteile, Einlagen und Entnahmen auf Sonderkonten der Gesellschafter zu verbuchen. In § 3 Ziff. 5 und Ziff. 6 sind Entnahmen zur Begleichung der Versorgungsrenten der Eltern der Parteien sowie eine monatliche Entnahme von 1.500 DM für den Beklagten vorgesehen. In § 3 Ziff. 7 ist geregelt, dass...