Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 18.12.1998; Aktenzeichen 17 O 15751/98) |
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 18. Dezember 1998 wird zurückgewiesen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 18 000,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Der Wert der Beschwer der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf 12 000,- DM festgesetzt.
V.
Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Anrechnung der Leistung der Pflegeversicherung von monatlich 800,- DM auf die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten für den Pflegeaufwand der Klägerin in der Zeit vom 01.01.1997 bis 31.03.1998 in Anbetracht des Angehörigenprivilegs nach § 116 Abs. 6 SGB X.
Die am 05.05.1971 geborene Klägerin erlitt bei einem Verkehrsunfall vom 29.03.1979, den ihre Mutter verursacht hatte, insbesondere ein schweres Schädelhirntrauma. Seit dieser Zeit ist die Klägerin hirnorganisch völlig gestört und körperlich in erheblichem Umfang pflegebedürftig.
Die Beklagte hat als Kfz.-Haftpflichtversicherer in vollem Umfang für die Schadensersatzansprüche der Klägerin einzutreten.
Die Parteien haben sich auf einen monatlichen Pflegeaufwandsbetrag von 2 257,50 DM geeinigt, den die Beklagte bis Ende 1996 geleistet hat.
Seit 01.01.1997 hat die Beklagte das von der Pflegekasse bei der ... gezahlte monatliche Pflegegeld von 800,- DM von dem vereinbarten Betrag in Abzug gebracht. Die Klägerin begehrt für die Zeit vom 01.01.1997 bis 31.03.1998 den Differenzbetrag von 12 000,- DM.
Die Klägerin ist der Auffassung, aufgrund des Familienprivilegs gemäß § 116 Abs. 6 SGB X sei trotz der Leistung der Pflegeversicherung der Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht auf die ... übergegangen. Die Klägerin, sei insoweit weiterhin aktivlegitimiert, sie müsse sich die Leistung der Pflegeversicherung auch nicht als Vorteilsausgleich anrechnen lassen. Dies scheitere schon daran, daß die Anrechnung aus der Sicht des Geschädigten zumutbar sein, dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen müsse und den zum Schadensersatz Verpflichteten nicht unbillig entlasten dürfe.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte hat beantragt,
Die Beklagte erwidert, mit der Vereinbarung eines monatlichen Pflegeaufwandes von 2 257,50 DM (35 Wochenstunden à 15,-DM * 4,3 Wochen) sei der Schadensersatzanspruch der Klägerin hinsichtlich des Pflegeaufwandes einvernehmlich festgesetzt worden.
Auch unter Berücksichtigung des § 116 Abs. 6 SGB X müsse sich die Klägerin die Leistung der Pflegeversicherung von monatlich 800,- DM auf den vereinbarten Betrag anrechnen lassen. Bei Nichtanrechnung würde die Klägerin mehr als ihren Schaden erhalten und gegenüber anderen, durch familienfremde Personen Geschädigten unter Verstoß gegen das Gleichbehandlungsprinzip ungerechtfertigt bevorzugt. Das Familienprivileg solle nur die Wegnahme von Leistungen beim Geschädigten verhindern, nicht aber eine Entschädigung über den festgestellten Schaden bewirken. Die Leistung der Pflegekasse sei keine freiwillige Leistung Dritter.
Mit Urteil vom 18.12.1998 hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin sei weiterhin aktivlegitimiert, da ein Übergang der Ansprüche auf die Pflegekasse in Höhe ihrer Leistungen gemäß § 116 Abs. 6 SGB X ausgeschlossen sei. Mit der Beklagten sei nicht vereinbart, daß die Klägerin keine Pflegeleistungen Dritter entgegennehmen dürfe, noch daß die Beklagte derartige Leistungen auf die vereinbarte Pflegegeldzahlung von 2 257,50 DM verrechnen dürfe. Die Klägerin müsse sich die Leistung der Pflegeversicherung auch nicht nach dem Grundsatz des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen. Da der Forderungsübergang auf die Pflegeversicherung ausgeschlossen sei, würde deren Leistung nicht dem Geschädigten, sondern dem Schädiger zugute kommen und diesen sozialwidrig entlasten. Im übrigen sei die schwerst pflegebedürftige Klägerin auch nicht unsozial bereichert, da die Klägerin von den Eltern gepflegt werde und bei einer stationären Pflege ein Pflegekostenaufwand von monatlich 3 300,- DM als erforderlich anzusehen wäre.
Gegen dieses, ihr am 22.12.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14.01.1999 Berufung eingelegt und diese am 15.02.1999 (Montag) begründet.
Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, daß der Schaden, der für die zusätzliche Pflege durch die Familie mit 2 257,50 DM gemeinsam errechnet worden sei, in Höhe der Leistung der Pflegekasse ausgeglichen sei. Eine doppelte Entschädigung könne mit den Grundsätzen des Schadensersatzrechts auch bei Geltung des Familienprivilegs nicht in Einklang gebracht werden.
Die Beklagte beantragt,