Normenkette
BGB §§ 253, 823
Verfahrensgang
LG Landshut (Entscheidung vom 22.04.2008; Aktenzeichen 24 O 299/08) |
Tenor
I) Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 22.04.2008, 24 O 299/08, aufgehoben.
II) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 15.000.- zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus EUR 10.000.- seit 21. 09. 2007 und aus weiteren EUR 5.000.- seit 13.02.2008 zu bezahlen.
III) Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus der Körperverletzung vom 09. Juni 2007 auf dem Sportplatz des TSV P. zukünftig noch entstehen werden.
IV) Der Beklagte wird verurteilt, außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von EUR 775,64 zu bezahlen.
V) Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VI) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
VII) Die Revision wird nicht zugelassen.
VIII) Der Streitwert wird auf EUR 20.775,64 festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einer Sportverletzung im Rahmen eines Fußballspiels.
Am 09.06.2007 fand ein Fußballspiel der C-Jugendmannschaften des TSV P. und des JFG K. auf dem Sportplatz des TSV P. statt. Der Kläger war Spieler der Heimmannschaft, der Beklagte Spieler der Gäste.
Im Strafraum der Gäste kam es nach einem Freistoß des TSV P. zu einem Foul am Kläger durch den Beklagten, wodurch der Kläger im Bereich des linken Unterschenkels und Sprunggelenks ganz erheblich verletzt wurde. Er erlitt einen kompletten Bruch des Schien- und Wadenbeins, die Wachstumsfuge riss und ein Nervenstrang wurde durchtrennt; der linke Fuß war gefühllos (K 3). Das Spiel musste eine halbe Stunde unterbrochen und der Kläger ins Krankenhaus gebracht werden. Die Aktion des Beklagten wurde mit einer gelben Karte und einem Elfmeter bestraft.
Der Kläger behauptet ein grobes Foul des Beklagten. Der Beklagte habe ohne eine realistische Chance, den Ball zu spielen, von schräg hinten gegen das linke Standbein des Klägers gegrätscht, um unter allen Umständen ein Tor zu verhindern. Es habe sich um einen groben und rücksichtslosen Regelverstoß gehandelt, bei dem es nicht um den Kampf um den Ball gegangen sei, sondern allein um die Torverhinderung. Eine schwere Körperverletzung des Klägers habe der Beklagte dabei in Kauf genommen.
Der Kläger trug vor, er werde nie mehr in der Lage sein, dauerhaft unbeeinträchtigt Sport zu treiben. Der Fuß sei weiterhin taub. Es seien weitere Folgeoperationen zur endgültigen sachgerechten Versorgung der schweren Verletzung notwendig. Er habe erhebliche Schmerzen. Spätfolgen seien wahrscheinlich.
Der Kläger beantragte daher ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens EUR 13.000.- und Schadensersatz.
Der Beklagte beantragte Klageabweisung.
Der Beklagte bestreitet einen groben und rücksichtslosen Regelverstoß. Er habe nach einem schnellen Freistoß mit dem Kläger um den Ball gekämpft. Er sei von der Seite gegrätscht, um dem Kläger den Ball vom Fuß weg zu spielen. Diesbezüglich habe er auch eine realistische Chance gehabt. Es sei keinesfalls ein aussichtsloses Unterfangen gewesen. Daher habe es auch keinen Platzverweis gegeben.
Die Schmerzensgeldforderung sei im Übrigen überhöht.
Ergänzend wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht Landshut hat die Klage nach Beweisaufnahme mit Endurteil vom 22.04.2008 abgewiesen.
Der darlegungs- und beweisbelastete Kläger habe keinen schuldhaften Verstoß gegen die Wettkampfregel XII des deutschen Fußballbundes nachweisen können. Bei Einhaltung der Spielregeln scheide eine deliktische Haftung grundsätzlich aus, da die Spieler in das Risiko des Eintritts einer durch regelgerechte Spielweise verursachten Verletzung eingewilligt hätten. Aber auch ein Regelverstoß - wie hier - führe nur dann zur Haftung, wenn er bei Überschreitung der kampfbedingten Härte als unzulässige Unfairness anzusehen sei.
Dies habe die Beweisaufnahme hier nicht ergeben. Insbesondere könne nicht von einer sogenannten "Notbremse" ausgegangen werden, da sich nicht erwiesen habe, dass der Beklagte keine realistische Chance gehabt hätte, mit deiner Aktion den Ball zu spielen. Das Landgericht hatte keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit aller gehörten Zeugen, stützte seine Überzeugungsbildung letztlich jedoch allein auf die Angaben des Zeugen D.
Ein Haftungsausschluss kraft Einwilligung scheitere auch nicht daran, dass der Beklagte haftpflichtversichert sei, da die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29.01.2008 - VI ZR 98/07 - (NJW 2008, 1591-1593) hier keine Anwendung finde, so...