Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch des Sortenschutzinhabers
Leitsatz (amtlich)
1. Verfügt ein Sortenschutzinhaber über Anhaltspunkte darüber, dass ein Landwirt vom „Landwirteprivileg” Gebrauch macht und gelingt ihm hierfür der Nachweis, so ist der Auskunftsanspruch des Sortenschutzinhabers über Art und Umfang des Nachbaus sowohl nach nationalem Recht als auch nach Gemeinschaftsrecht auf die Sorte und den Sortenschutzinhaber beschränkt, auf die bzw. den sich die nachgewiesene Tatsache bezieht.
2. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich in diesem Fall auf die Wirtschaftsjahre, in denen unter Berücksichtigung dieser Tatsache ein Nachbau überhaupt möglich war.
Normenkette
SortG § 10a Abs. 6; EGV 2100/94 des Rates vom 27.7.1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz Art. 14 Abs. 3
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 23.05.2002; Aktenzeichen 7 O 5540/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 23.5.2002 wird zurückgewiesen.
II. Die erweiterte Klage gemäß Schriftsatz der Klägerin vom 28.5.2003 wird in dem Umfang abgewiesen, soweit sie nicht erledigt ist.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Art und Umfang der Auskunftsverpflichtung des Beklagten in Bezug auf den Nachbau von geschütztem Saatgut.
Die Klägerin ist eine Vereinigung von Sortenschutzinhabern gem. Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24.7.1995 (im Folgenden: Nachbauverordnung) über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (im Folgenden: Gemeinschaftssortenverordnung) und macht für ihre Mitglieder, Sortenschutzinhaber und Inhaber von Nutzungsrechten an Sortenschutzrechten, Auskunftsansprüche im Hinblick auf den Nachbau von geschütztem Saatgut geltend. Die Klägerin ist von ihren Mitgliedern zur Wahrnehmung dieser Rechte ggü. Landwirten beauftragt und ermächtigt, diese Rechte im eigenen Namen geltend zu machen. Der Beklagte ist Landwirt und wurde von der Klägerin vergeblich aufgefordert, Auskünfte bezüglich des von ihm betriebenen oder nicht betriebenen Nachbaus zu geben.
Die Klägerin war in erster Instanz der Auffassung, dass der Beklagte allein aufgrund seiner Betätigung als Landwirt verpflichtet sei, die Auskünfte gem. Art. 14 Abs. 3, 8. Spiegelstrich der Verordnung EG Nr. 2100/94 – Gemeinschaftssortenverordnung – bzw. nach § 10a Abs. 6 SortG zu erteilen. Einer Darlegung des Nachbaus einer bestimmten Sorte bedürfe es insoweit nicht.
Die Klägerin beantragte daher in erster Instanz den Beklagten zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen, ob er in der Vegetationsperiode 1997/1998 in seinem Betrieb Erntegut, das er durch Anbau von Vermehrungsmaterial bestimmter Sortenschutzinhaber bzw. Nutzungsberechtigter und bezüglich genau bezeichneter Sorten im eigenen Betrieb gewonnen hat als Vermehrungsmaterial verwendet hat bzw. in welchem Umfang er dies getan hat. Bezüglich der genauen Antragstellung der Klägerin in erster Instanz wird auf die S. 3 ff. des Tatbestands der landgerichtlichen Entscheidung verwiesen.
Auf Antrag des Beklagten erging gegen die im Termin vom 20.11.2001 vor dem LG säumige Klägerin ein klageabweisendes Versäumnisurteil, das der Klägerin am 23.11.2001 zugestellt wurde. Sie hat dagegen am 7.12.2001 mit Schriftsatz vom gleichen Tage Einspruch eingelegt.
Im weiteren Fortgang des Verfahrens machte die Klägerin nunmehr geltend, der Beklagte habe bereits in der Vergangenheit Nachbau betrieben. Sie bezog sich insoweit auf Lieferscheine gemäß Anlage K 1 und K 2, aus welchen sich ergebe, dass der Beklagte im März 2001 von der R. GmbH Saathafer der für die N. Gesellschaft mbH geschützten Sorte „Jumbo” und im September 2001 weiterhin Saatweizen „Bussard” sowie Weizenreiniger und Beize bezogen habe. Bereits am 23.7.1999 habe er 11 Doppelzentner Wintergerste der Sorte „Carola” sowie am 19.10. und 29.11.2000 insgesamt 26 Doppelzentner Getreide unbekannter Art reinigen lassen. Damit sei der Nachweis des Nachbaus erfolgt.
Die Klägerin beantragte daher das Versäumnisurteil des LG München I vom 20.11.2001 aufzuheben und den Beklagten antragsgemäß zur Auskunft zu verurteilen.
Der Beklagte beantragte, das Versäumnisurteil vom 20.11.2001 aufrecht zu erhalten.
Der Beklagte bestritt in erster Instanz die Existenz eines pauschalen Auskunftsanspruches, der einer Ausforschung gleichkäme. Die vorgelegten Anlagen könnten den Anspruch jedenfalls für die Vegetationsperiode 1997/1998 nicht begründen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand der landgerichtliche...