Entscheidungsstichwort (Thema)

Abwerben von Mitarbeitern in Fortsetzungszusammenhang. Forderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die durch vereinbarten Mitarbeitervertrag Vertragsstrafe auslösenden Tatbestände der Vorbereitung einer Konkurrenztätigkeit und des Abwerbeverbots liegen unstreitig dann vor, wenn ein Mitarbeiter durch Abfassen und Bereitstellen von Kündigungsschreiben Kündigungshilfe leistet und die entsprechenden Mitarbeiter in einem Konkurrenzunternehmen beschäftigt werden sollen.

2. Mehrere mit Gesamtvorsatz begangenen Handlungen, die sich im wesentlichen auf die Kündigungshilfe beschränken und sich an einen geschlossenen Teilnehmerkreis richten, werden in natürlicher Handlungseinheit bzw. in Fortsetzungszusammenhang vorgenommen und stellen nur eine Zuwiderhandlung dar.

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 13 HKO 9303/93)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 10.8.1993, AZ: 13 HKO 9393/93, werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 8 Prozent, die Beklagte 92. Prozent.

III. Der Wert der Beschwer der Beklagten im Berufungsverfahren übersteigt 60.000 DM.

IV. Der Wert der Beschwer des Klägers im Berufungsverfahren übersteigt 60.000 DM nicht.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.900 DM, die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000 DM abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger war aufgrund Vermittlungsvertrages vom 1.10.1987, hinsichtlich dessen Inhalts auf die Anlage K 1 zur Klage Bezug genommen wird, für die Beklagte bis Anfang 1992 als Handelsvertreter tätig. I

Im Juni 1992 schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem die Beklagte sich verpflichtete, an den Kläger zur Abgeltung der von ihm geltend gemachten Provisionsforderungen 30.000,– DM zu bezahlen (Ausnahme: Stornoreserve). von dieser Vereinbarung waren auch betroffen Netto-Provisionen für die Vermittlung von Immobilien, bzw. Immobilienfinanzierungen in Höhe von 11.642,– DM. Über Mehrwertsteuer wurde bei den Vergleichsverhandlungen nicht gesprochen. Nicht vom Vergleich umfaßt waren die auf Seite 2 der Klage genannten vermittelten Verträge; insoweit stehen dem Kläger 16.759,14 DM zu.

Mit der Klage macht der Kläger diese, sowie die gesetzliche Mehrwertsteuer auf die vorgenannten 11.642,– DM mit 1.629,88 DM geltend.

Demgegenüber rechnet die Beklagte auf mit Vertragsstrafeansprüchen aufgrund von Ziff. 5.2 und 5.4 des Mitarbeitervertrages, die wie folgt lauten:

„…

5.2. Jede Konkurrenztätigkeit und Vorbereitung dazu, sei es auf eigene oder auf fremde Rechnung, mittelbar oder unmittelbar, die Unterstützung Dritter dazu, das Abwerben von Mitarbeitern in jeglicher Weise während der Vertragszeit sind untersagt.

5.4. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Bestimmungen nach Ziff. 5.1 und 5.2 ist eine Vertragsstrafe in Höhe von jeweils DM 10.000 verfallen….”

Insoweit fanden am 16.12.1991 eine Weihnachtsfeier und am 19.12.1991 ein weiteres Treffen in … statt, an denen zwölf Mitarbeiter der Beklagten, deren Vorgesetzter der Kläger war, und der Kläger teilnahmen. Bei dieser Gelegenheit eröffnete der Kläger seinen Mitarbeitern, daß er seine Tätigkeit zum 31.3.1992 beenden werde und beantwortete aufkommende Fragen. Auf der Heimfahrt von … diktierte er die Kündigungen der Mitarbeiter … und … seiner Sekretärin per Autotelefon und ließ diese die Kündigungsschreiben aufsetzen, die … und … unterschrieben und der Beklagten zugeleitet wurden. Ferner kündigten sechs weitere Mitarbeiter ihr mit der Beklagten bestehendes Vertragsverhältnis in der Folgezeit.

Der Kläger hat vorgetragen, daß von den Parteien bei ihren zum Vergleich führenden Berechnungen nur die Nettoprovisionen zugrundegelegt worden seien, da – was unstreitig ist – Vermittlungen von Versicherungen mehrwertsteuerfrei sind. Da zwischen den Parteien immer Einigkeit darüber bestanden habe, daß die auf Vermittlungen von Immobilien und Immobilienfinanzierungen entfallende Provision zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer auszuzahlen sei, habe er noch Anspruch auf diese. Vertragsstrafe habe er nicht verwirkt, da die Mitarbeiter … und … ihn von sich ausgebeten haben, in Zukunft mit ihm zusammenarbeiten zu können; auf deren Wunsch sei das Kündigungsschreiben diktiert worden. Außerdem hielt er die Aufrechnung für unschlüssige und verspätet und die entsprechende Vertragsklausel für unwirksam, da ihm hierdurch jede eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit nach Vertragsbeendigung und jede Vorbereitung dazu verboten werde.

Er hat beantragt zu erkennen:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.759,14 DM zuzüglich zwölf Prozent Zinsen, seit 7.10.1992 zu zahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.629,88 DM zuzüglich zwölf Prozent Zinsen seit 7.10.1992 zu zahlen.

Die Beklagte hat beant...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge