Leitsatz (amtlich)
1. Wird in einem Formularvertrag, der ein Franchise-Verhältnis in Subordination begründet, der Franchisenehmer einseitig mit dem Amortisations-, Liquiditäts- und Delcredere-Risiko belastet und ein in entspr. Anwendung des § 89b HGB bestehender Ausgleichsanspruch ausgeschlossen, so stellt dies eine unangemessene Benachteiligung des Franchisenehmers i.S.d. § 9 AGBG a.F. dar.
2. Ist ein rechtlicher Aspekt schriftsätzlich eingehend thematisiert worden und erklärt der Prozessbevollmächtigte der Gegenpartei auf entspr. Vorhalt des Gerichts, Schriftsätze von 35 oder 40 Seiten pflege er im vorliegenden Verfahren nicht mehr zu lesen, so besteht in aller Regel kein Raum für die Einräumung einer beantragten Schriftsatzfrist.
Normenkette
AGBG § 9
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 14 HKO 8734/01) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 26.10.2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 30.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Wert der Beschwer der Beklagten im Berufungsverfahren übersteigt 20.000 Euro.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückerstattung von Franchise-Gebühren.
Die Beklagte berühmt sich, ein EDV-unterstütztes System entwickelt zu haben, mit dem für Bauwillige die nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles „optimale” Baufinanzierung gefunden werden könne. Sie vertreibt dieses System im Wege des Franchise.
Am 27.4.1998 schlossen die Parteien einen „Franchise-Vertrag” mit Beginn am 1.5.1998 und einer festen Laufzeit von 10 Jahren (Anlage K 1). Nach § 1 des Vertrags war Gegenstand des Franchise das Recht und die Pflicht des Franchise-Nehmers, das in der Präambel bezeichnete System unter Verwendung der Bezeichnung „F.M.” und Einsatz des Know-how des Franchise-Gebers zu verwenden und zu nutzen.
Neben einer Aufnahmegebühr von 0,1 % der Finanzierungssumme des ersten Jahres, mindestens aber 35.000 DM zzgl. Mehrwertsteuer für die Übertragung des Know-how gem. diesem Vertrag und Geschäftsgrundausstattung gem. der gesondert aufgeführten Bestandsliste” (fällig bei Vertragsschluss) hatte der Kläger eine monatliche Franchise-Gebühr von 785 DM zzgl. Mehrwertsteuer (gem. § 20 des Vertrags), eine monatliche Werbepauschale von 400 DM zzgl. Mehrwertsteuer (gem. § 19 des Vertrags und dem „Anhang zum Franchise-Vertrag”) sowie gem. § 21 des Vertrags eine laufende Provision i.H.v. 0,15 % aus der Finanzierungssumme zzgl. der jeweils gültigen Mehrwertsteuer zu bezahlen.
Insgesamt bezahlte der Kläger an die Beklagte die Eintrittsgebühr von 35.000 DM netto sowie laufende Franchise-Gebühren bzw. Werbeumlagen i.H.v. insgesamt 36.735 DM netto, das sind im Ganzen 71.735 DM. Hiervon verlangt der Kläger mit seiner Klage 47.824 DM zurück.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stünden gegen die Beklagte Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss, Bereicherungsrecht und auch aus Deliktsrecht zu. Dazu hat der Kläger vorgetragen, er sei bei seinem Eintritt in das Franchise-System der Beklagten mit der bis dahin betriebenen Versicherungsagentur nicht ausgelastet gewesen und habe ein zweites berufliches „Standbein” gesucht. Er sei bei Vorstellung des Systems den Schilderungen des Zeugen B. zur Ertragsfähigkeit und dem Inhalt des ihm dazu als Anlage K 3 vorgelegten Prospekts erlegen. Er sei über die Risiken einer Systemteilnahme nicht aufgeklärt worden, vielmehr sei in dem übergebenen Prospekt ein unrealistisches Einkünfteszenario aufgebaut worden, soweit darin von einem anfänglichen Monatshonorar i.H.v. 24.000 DM bzw. einem Jahreshonorar von 288.000 DM die Rede sei. Die von der Beklagten als Anlage B 2 vorgelegte Aufstellung „Partnerumsätze” für das Jahr 1998 enthalte nur mögliche, nicht jedoch tatsächlich von den Partnern erzielte Umsätze.
In der Praxis sei es so gelegen, dass Bauinteressenten, die sich auf Zeitungsanzeigen gemeldet hätten, stets bereits mit einer Finanzierungsanfrage bei ihrer Hausbank gescheitert gewesen seien. Fast alle Interessenten für das von der Beklagten beworbene „Euro-Darlehen” hätten sich als „Glücksritter oder Bankrotteure” herausgestellt, i.Ü. habe ein „Euro-Darlehen” nach bestehender Praxis der Banken erst ab einem Finanzierungsvolumen von 5.000.000 DM durchgesetzt werden können.
Know-how habe die Beklagte nur in Ansätzen und auch insoweit mangelhaft bereitgestellt. So seien die Betriebshandbücher unvollständig gewesen, die Baufinanzierungsberechnungssoftware mangelhaft, eine tägliche Aktualisierung der Konditionenbank habe nicht stattgefunden. Im Sinne der Gruppenfreistellungsverordnung der EU habe gar kein franchisefähiges Know-how vorgelegen. Hinsichtlich des Systems habe ein Pilotbetrieb von mindestens einem Jah...