Leitsatz (amtlich)
Nach Wegfall des Sicherungszweckes einer Bürgschaft i.S.v. § 17 Nr. 8 VOB/B kann der Auftragnehmer Rückgabe der Bürgschaftsurkunde (auch) an sich selbst verlangen.
Normenkette
VOB/B § 17 Nr. 8
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 07.11.2006; Aktenzeichen 74 O 1364/06) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG Landshut vom 7.11.2006 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die Hauptsache erledigt ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1. Der Streitwertbeschluss des LG Landshut vom 10.10.2006 wird von Amts wegen dahingehend abgeändert, dass der Streitwert des ersten Rechtszuges bis zum Eingang des klägerischen Schriftsatzes vom 28.6.2006 am selben Tage auf 6.732 EUR festgesetzt wird, von diesem Zeitpunkt an 1.468 EUR beträgt.
2. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.468 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Auftragnehmer/Sicheruffgsgeber nach Weg-fall des Sicherungszweckes einen Anspruch auf Herausgabe/der über die Gewährleistungsbürgschaft ausgestellten und dem Auftraggeber/Sicherungsnehmer überge-benen Urkunde an sich selbst oder nur an die bürgende Bank hat. Gemäß VOB-Bauvertrag vom 6.10.1999 (Anlage K 3) hat die Beklagte die Klägerin mit der Durchführung von Elektroarbeiten beauftragt. Von der ihr eingeräumten Möglichkeit, den für die Beklagte vereinbarten Sicherheitseinbehalt i.H.v. 5 % der Bruttoauftragssumme (Ziff. 9 des Vertrages) durch Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft abzulösen, hat die Klägerin Gebrauch gemacht. Die Bürgschaft ist unbefristet und soll "mit der Rückgabe dieser Bürgschaftsurkunde" erlöschen (vgl. Anlage K 5).
Nach Leistungserbringung, Ablauf der Gewährleistungsfrist und vergleichsweiser Regelung von Mängelansprüchen der Beklagten waren die Voraussetzungen für die Rückgabe der Bürgschaftsurkunde gegeben. Nachdem die Klägerin die Beklagte am 2.3.2006 ergebnislos zur Rückgabe - an sich - aufgefordert hatte (Anlage K 7), erhob sie am 22.5.2006 Klage mit diesem Ziel, die der Beklagten am 30.5.2006 zugestellt wurde.
Am 1.6.2006 sandte die Beklagte die Urkunde an die bürgende Bank, woraufhin die Klägerin einseitig die Feststellung der Erledigung der Hauptsache beantragte. Das LG hat die Feststellungsklage abgewiesen: Der Klägerin habe nur ein Anspruch auf Herausgabe an die Bank zugestanden, weshalb die ursprüngliche Leistungsklage unbegründet gewesen und die nunmehrige Feststellungsklage abzuweisen sei.
Die Klägerin hat hiergegen Berufung eingelegt und beantragt Aufhebung des landgerichtlichen Urteiles sowie die Feststellung, dass die Hauptsache erledigt ist. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung; überdies haben beide Parteien zur Klärung dieser Rechtsfrage die Zulassung der Revision zum BGH beantragt.
Hinsichtlich der Argumentation im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 8.2.2007 (Bl. 62/67) und auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 12.4.2007 (Bl. 65/69) Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg:
Nach Ansicht des Senates hatte die Klägerin einen Anspruch aus § 17 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an sich selbst und nicht nur an die bürgende Bank. Auf die von der Berufung aufgeworfene Frage, ob ein Anspruch der Klägerin auf Rückgabe an die Bank (lediglich) eine Modifikation des ursprünglichen Klageantrages, nicht jedoch eine Klageänderung, darstellen würde, mit der Folge, dass die Klage dennoch ursprünglich begründet und die Hauptsache auch bei Herausgabe an die Bank erledigt war, kommt es demnach nicht an.
1. Die Frage, an wen nach Wegfall des Sicherungszweckes die Bürgschaftsurkunde zurückzugeben ist, also der genaue Inhalt des Anspruches des Auftragnehmers/Sicherungsgebers, ist streitig. Beide Parteien berufen sich auf eine "herrschende Meinung", woraus erhellt, dass eine solche schwer auszumachen ist. Auffällig ist, dass diese - von der Bedeutung für die Rechtspraxis her wohl nicht am obersten Rande anzusiedelnde - Problematik in Rechtsprechung wie Literatur teilweise eher sporadisch behandelt wird.
a) Für einen Anspruch des Auftragnehmers/Sicherungsgebers auf Rückgabe an ihn selbst sprechen sich - neben dem KG, dessen überzeugender Begründung der Senat folgt (OLG München vom 21.9.2005, BauR 2006, 381) - etwa das OLG Hamm aus (OLG Hamm v. 1.10.1991 - 26 U 76/91, OLGReport Hamm 1992, 3 = ZIP 1991, 1572 = WM 1992, 640), im Schrifttum beispielsweise Vogel, BauR 2005, 218, 226, Lauer, NZBau 2003, 318 oder Ingenstau/Korbion-Joussen, VOB/B, 16. Aufl., § 17 Nr. 8 Rz. 32.
b) Demgegenüber nehmen einen Anspruch auf Rückgabe lediglich an den Bürgen die OLG D...